Adolph Hoffmann aus heutiger Sicht
Anlass und Anliegen der Publikation
Wer in diesem Band liest, wird sich vielleicht fragen, warum die Säkularen in Deutschland noch nicht für ein Adolph-Hoffmann-Denkmal sammeln. Denn wer über die hier vorgestellten Befunde und die breit angeführten historischen Zitate tiefer nachdenkt, wird feststellen, wie gegenwärtig vieles vom dem ist, was die Protagonisten der Rechte Konfessionsfreier damals vortrugen und vor allem – was ihnen entgegengehalten wurde von Kirchenfunktionären und ihnen wohl gesonnenen Politikern. Bis in die Sprache weht in den Texten der Wind alter Kämpfe in die Gegenwart hinein und man schaut, ob das aktuell ist oder vor achtzig oder hundert Jahren gesagt oder geschrieben wurde.
Dieser Band dokumentiert eine Tagung der Humanistischen Akademie Berlin vom 15. März 2008. Sie trug den Titel Los von der Kirche! Staat-Kirche-Trennung in Deutschland und humanistische Kulturbewegung. Die dort vorgelegten bzw. vorgetragenen Texte wurden überarbeitet und für diesen Band durch einige neue ergänzt. Anlass der Tagung war der 150. Geburtstag Adolph Hoffmanns (geb. 23. März 1858, gest. 1. Dezember 1930). Ein Motiv der Herausgabe ist der 90. Jahrestag der Weimarer Reichsverfassung, deren Kirchenartikel noch heute Bestandteil des Grundgesetzes der Bundesrepublik sind (Art. 140 GG).
Es geht in diesem Band um Adolph Hoffmann. Seiner legendären Schrift Die zehn Gebote und die besitzende Klasse (1891) verdankte er seinen Spitznamen „Zehn-Gebote-Hoffmann“.[1] Sein Pamphlet Los von der Kirche! von1908, im Ursprung (wie der lange Untertitel sagt) Eine, durch drei Ordnungsrufe und Wortentziehung unterbrochene, aber im „Feenpalast“ zu Berlin vollendete Landtagsrede mit Einfügung der durch den Präsidenten Herrn v. Kröcher verhinderten Ergänzungen und einem Anhang über alle Austrittsformalitäten gab ein Jahr später einer großen Kirchenaustrittsbewegung die Losung. Das trug Hoffmann den Ruf des bekanntesten deutschen Dissidenten ein.
In dieser Schrift kritisierte Hoffmann die damals enorme Summe von 12,5 Millionen Mark für die Pfarrerbesoldungen allein in Preußen und über hundert Millionen im Reich. Außerdem geißelte er den Einfluss der Kirchen auf das Schulwesen. Er gab der Gewissheit Ausdruck, dass ein Volksparlament das Dreiklassenparlament ablösen und die Losung „Los von der Kirche!“ ausgeben werde. Bis dahin sei „Heraus aus der Kirche!“ seine Forderung.
Die Kirchenaustrittsbewegung mündete 1910 im Komitee Konfessionslos und verband bedeutende Wissenschaftler, so Ernst Haeckel, Wilhelm Ostwald, Arthur Drews und Ludwig Gurlitt. Daneben wirkten bekannte linke Politiker wie Karl Liebknecht, Ewald Vogtherr und Georg Zepler. In fast allen größeren Städten übernahmen prominente Konfessionslose die Führung.
Es ist ein wissenschaftspolitischer Skandal, dass es bisher über Adolph Hoffmann keine historisch-kritische Biographie gibt – auch nicht zu seinem 150. Geburtstag. Auch dieser Band kann und will dies nicht leisten. Es blieb der Humanistischen Akademie überlassen, von einigen wenigen Gedenkfeiern und eher kurzen Artikeln in Zeitungen bzw. auf Homepages der SPD bzw. der LINKEN, Adolph Hoffmann mit einer bescheidenen Tagung und diesem kleinen Büchlein zu würdigen.
Für die Tagung wurde ein älterer, noch in der DDR produzierter Text von Gernot Bandur als Manuskript gedruckt. Er wurde für diese Publikation noch einmal leicht überarbeitet, um Leben und Werk von Hoffmann der Öffentlichkeit vorzustellen. Ohne die Redaktion von Eckhard Müller an dem Manuskript wäre dieser Text so nicht vorhanden und nicht mit den aktuellen Archivhinweisen versehen, denn der Autor selbst, der sich sein Leben lang Hoffmann widmete, ist zu sehschwach, um selbst noch wissenschaftlich arbeiten zu können. Auch hinsichtlich der Abbildungen in diesem Band dankt die Akademie Gernot Bandur und Eckard Müller.
Die fehlende Forschung hat mehrere Gründe. Sie haben einen gemeinsamen Kern. Das ist die Abstinenz aktueller Kulturgeschichtsschreibung, zwei sozialhistorische Vorgänge in ihrem Zusammenhang zu sehen: Der erste ist, dass die Arbeiterbewegung nicht auch als kulturelles Phänomen gesehen wird und nicht nur als gewerkschaftliches und politisches Ereignis. Der zweite folgt daraus, denn nur eine kulturelle Sicht dringt zur Bedeutung vor, die die institutionelle Abkehr großer Teile der Bevölkerung von den Kirchen, und hier vor allem der Arbeiterschaft, auf die Formierung säkularer Bewegungen hatte, die sich mit Arbeiterorganisationen überschnitten. Nur wer bereit ist, „Los von der Kirche“ als Freiheitsgewinn zu sehen, stößt auf Leben und Werk von Adolph Hoffmann. Säkularisierung und Arbeiterbewegung waren sich gegenseitig bedingende Kulturströmungen.
Wer dies anders sieht und unter diesem Blickwinkel auf die Biographie Hoffmanns schaut, wird auch die kirchlichen Schimpfkanonaden, die dieses Leben begleiteten und das öffentliche Urteil über ihn stark prägten, nicht so kritisch sehen, sondern vielleicht darin Körner von Wahrheit entdecken.[2] Hoffmann hat seinen politischen Gegnern nichts geschenkt, aber persönliche Beleidigungen blieben ihm fremd. Seine Feinde haben ihm ebenfalls nichts geschenkt. Sie haben ihn aber oft und absichtlich als Person herabgewürdigt und besonders seinen Bildungsweg karikiert – und dies besonders in und nach seiner kurzen Zeit als einer von zwei gleichberechtigten Kultusministern Preußens (mit Konrad Haenisch) in der Revolutionszeit 1918/19.
Die Hemmnisse, Adolph Hoffmanns Leben wissenschaftlich aufzuarbeiten, liegen im Roman dieses Lebens und dessen Rezeptionsgeschichte. Stets blieb das Urteil über ihn strittig. Und selbst, als Walter Ulbricht 1958 Adolph Hoffmann auf einem Parteitag der SED[3] als Kronzeuge aufrief für seine „10 Gebote der sozialistischen Moral und Ethik“ und als Erfinder der Jugendweihe pries, er blieb der Verräter, der die KPD wieder verlassen hatte, als ihm ihr Kurs zu sektiererisch, zu bürgerkriegerisch und auch zu russisch wurde. So blieben tiefere Forschungen zu seiner Person, trotz Ulbrichts Lob, aber auch wegen Hoffmanns Kirchenfeindschaft, auch in der DDR aus.[4]
Auch in der Gegenwart ist sein Erbe strittig. Welche Person des öffentlichen Lebens möchte sich heute zu seiner wirklichen Großtat als Atheist und Humanist bekennen – zu seiner derart rigorosen (und dann teilweise in der Weimarer Reichsverfassung gemilderten) Trennung von Staat und Kirche in der Revolution 1918/19 – dass ganz im Westen vor Weihnachten 1918 sogar deswegen mit der Abtrennung vom Reich gedroht wurde.
Die Linken schoben ihm – zu maßlos sei er als Minister gewesen – unisono den Erfolg der Konservativen und besonders des katholischen Zentrums bei den Wahlen zur Nationalversammlung in die Schuhe. Er rechtfertigte sich (siehe die in diesem Band abgedruckten Repliken von 1919 und 1920) – so sehr er tatsächlich die weitgehend unorganisierte Macht der damals wenigen Konfessionsfreien über- und die strukturelle Macht der Kirchen unterschätzte – mit zwei nicht von der Hand zu weisenden Argumenten: zum einen habe die von Sozialisierungsangst heimgesuchte Schwerindustrie den Weg in die staatliche Separation gesucht und das Kirchenproblem kulturell nur vorgeschoben; zum anderen sei er von der alten Beamtenschaft Arm in Arm mit halbherzigen Sozialdemokraten gehindert worden, revolutionäre Tatsachen zu schaffen, so lange dies auf dem Verordnungswege möglich war. Alle Hoffnungen in die Nationalversammlung zu setzen sei ein Fehler der Übergangsregierung gewesen.
Sperrige Biographie
Die wechselvolle Lebensgeschichte von Adolph Hoffmann zeugt von der Ausdauer und dem Wagemut eines aufstiegswilligen Unterdrückten. Sie ist dafür geradezu ein Musterbeispiel. Hoffmann ist ein außereheliches Armeleutekind, das sich von ganz unten hocharbeitet. Zunächst gelernter Graveur wechselt er – Autodidakt, der er stets blieb – mit dem Beruf auch seine jeweilige Lebensperspektive. Er war Schiffsjunge, Holzfäller, Korbmachergehilfe, Laufbursche, Kunstmaler und Vergolder, um mit der sozialistischen Arbeiterbewegung und den freidenkerischen Freireligiösen vom Hausierer über den Kolporteur von Büchern und Zeitschriften zu einem erfolgreichen Schriftsteller und Verleger (seit 1893) zu werden.
Als Hoffmann 1884 aus Preußen ausgewiesen wurde[5], betrieb er zunächst in Halle ein Zigarrengeschäft, gründete aber schon bald den zunächst in Zeitz angesiedelten, später so genannten A. Hoffmann Verlag Berlin O. Hier erschienen in der Folge an die zweihundert Titel, davon etwa ein Fünftel eigene[6]: Theaterstücke, Couplets, Parodien, Bilderbücher, Anekdoten, Witze und eben auch freidenkerische und politische Literatur – nach dem Urteil von Clara Zetkin – das meiste im „Schlager“-Stil.[7] Im Rückblick ist aber gerade dieses moderne Herangehen an Fragen der Massenkommunikation – der Agitation und Propaganda, wie es damals hieß, als parallel dazu Werbung im Entstehen war – zu würdigen.
Adolph Hoffmann blieb seinen Gegnern stets ein Emporkömmling. Das ließen ihn die Angehörigen der hochwohlgeborenen Elite stets spüren. Ihnen zum Trotz dilettierte er bewusst dort, wo die selbsternannten „Kulturträger“ der Nation ihr ureigenes Revier sahen – in der Sprach‑, Schreib- und Dichtkunst. Er mag sein Talent überschätzt haben – aber es verkaufte sich gut.
Was diesen Erfolg betrifft, so ist es schon wichtig, dass er gar nicht den „Gebildeten“ gefallen wollte, sondern Arbeitern. An sie wandte sich Hoffmann als belletristischer Historiker („Hoffmann’s Erzählungen“, 1928) und blumiger Dichter („Spätherbstblüten“, 1925). Tatsächlich brillierte Hoffmann als humoriger Episodenerzähler und schöpferischer Anwender manchen Bibelspruchs, wenn es um politische Plakate oder politische Reden ging.
Auch die Anfänge seiner politischen Biographie stehen in scharfem Kontrast zu seinen späteren Gegenspielern. Hoffmann ist das genaue Gegenteil zu den machtausübenden Personen seiner Zeit, den Eliten aus Adel und Geldadel, den Verbindungen von Thron und Altar. Bereits als 18jähriger wurde Hoffmann 1876 Sozialdemokrat und als 23jähriger 1881 Mitgründer des Deutschen Freidenkerbundes. Er schlug sich als Publizist durch, bevor er selbst Verleger wurde. Ein berühmtes (für diesen Band nicht freigegebenes) Foto zeigt ihn, wie er mit seiner Frau hinter einem langen Büchertisch steht als Verkäufer seiner eigenen Verlagsprodukte. Da war er schon Politiker (1902/1906, 1920/24 Mitglied des Reichstages; 1908/21, 1926/30 Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses [Landtag]); 1900/21 Stadtverordneter von Berlin). 1913–1926 ist Hoffmann Vorsitzender der Freireligiösen Gemeinde Berlin, 1914 konsequenter Kriegsgegner.
Zu den Sperrigkeiten seiner Biographie gehört nicht nur die zeitweilige kommunistische Parteimitgliedschaft 1920/21, sondern die ständige Presenz seiner persönlichen freigeistig-lebensreformerischen Kulturvorstellungen in politischen und publizistischen Zusammenhängen. Er war auf eine manchmal penetrante Weise bekennender Freigeist, Abstinenzler – und fast militanter Nichtraucher.
Auf dem letzten SPD-Parteitag vor dem ersten Weltkrieg (1913), während der Debatte über den Frauentag, forderte Hoffmann das Rauchen auf den Zahlabenden zu lassen, weil durch den Rauch und Gestank die Frauen „geradezu hinausgeräuchtert würden“.[8] Nachdem die Genossen schon 1903 das Schnapsverbot nur widerwillig beschlossen hatten und bei Parteiversammlungen auf Bierausschank und verzichten sollten, ging es nun an den Tabakgenuss. So nüchtern und nikotinfrei wollte die Sozialdemokratie damals dann doch nicht sein.
Der Journalist Erich Dombrowski (1882–1972) 1926 bis 1936 Chefredakteur des Frankfurter Generalanzeiger, 1946 Gründer Mainzer Allgemeinen Zeitung und 1949 Mitbegründer der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat unter seinem Pseudonym Johannes Fischart im Juli 1918 Adolph Hoffmann in einem längeren Artikel in der Weltbühne treffend porträtiert:
„Wenn er so dasteht, den Rücken meist dem Redner halb verächtlich zugekehrt, wenn er sich den Spruch seines redenden Gegners gewissermaßen langsam in die Ohren hat träufeln lässt, hat er gewöhnlich die eine Hand gelassen in die Hosentasche gesteckt und gurgelt alle paar Minuten so von ganz unten aus der Tiefe heraus im Baß seinen behäbig-bissigen Zwischenruf heraus. Alles im berliner Jargon: „So siehste aus!“ „So’n Quatsch.“ Oft aber sitzt sein Hieb, und der also angegriffene Redner muß atemschöpfend innehalten und sich zur Wehr setzen. Die Glocke des Präsidenten greift wie ein Polizist ein und verhaftet die Zwischenbemerkung. Es setzt einen Ordnungsruf nach dem andern, und wenn der Adolph Hoffmann sie alle registrieren wollte: sein Notizbuch hätte bald keinen weißen Fleck mehr. …
Ja, so war Adolph Hoffmann [im preußischen Dreiklassenparlament, H.G.], so ist er, und so wird er bis an sein Lebensende bleiben: in den Augen aller Ordnungsgrößen ein infamer Bursche. Und wenn er selbst die Rednertribüne besteigt, dann gibt’s ein radikales Hagelwetter. Ein Kraftausdruck sucht den andern zu übertrumpfen. Wie Knallerbsen fahren sie dazwischen. Die Rechte verläßt gewöhnlich fluchtartig, zur Demonstration, den Saal. Das Zentrum schließt sich an, und die peniblen Nationalliberalen schreiten im Gänsemarsch hinterdrein. Wenn sie aber abends, allein oder im engsten Kreise unter sich, in ihrer Zeitung die Rede Adolph Hoffmanns nachlesen, müssen sie selber über dieses antithesenreiche Wortbombardement schmunzeln. Immer Derselbe!“[9]
„Zehn Gebote“ und „Los von der Kirche!“
Adolph Hoffmann war eine der bedeutendsten Figuren in der deutschen Freidenkerbewegung. Er spielte bei deren Sozialdemokratisierung nach 1890 eine führende Rolle, besonders mittels der Berliner Freireligiösen. 1893 wurde er deren Zweiter und 1913 ihr Erster Vorsitzender.
Alle freidenkerischen Organisationen setzten sich damals – es war dies ja ein Motiv ihrer Hinwendung zur freien Religion – mit christlichen Moralnormen auseinander. Dadurch kamen verschiedene Fassungen neuer „Zehn Gebote“ in Vorschlag. Angesichts der aktuellen Debatte um die „10 Angebote“ von Michael Schmidt-Salomon lohnt ein kurzer Rückblick.[10]
Von protestantischer Seite war schon Mitte der neunziger Jahre ein Wettbewerb für einen modernen Arbeiterkatechismus ausgelobt worden, um den politischen Ansprüchen der Sozialdemokratie zu begegnen.[11] Daran beteiligte sich der Freidenker Richard Calwer (Pseudonym: Paul Kempe), späterer sozialdemokratischer Handels‑, Verkehrs- und Gewerkschaftsexperte. Sein eingesandter Glaubensleitfaden war eine sozialdemokratische Bekenntnisschrift.[12]
Auch der politisch ganz gegenteilig denkende Monist Johannes Unold, damals noch nicht ganz rechts außen wie am Ende des ersten Weltkrieges, hatte solche Moralbefehle formuliert.[13] Das führte zu einer längeren Diskussion, an der sich auch Wilhelm Ostwald (Monist und Nobelpreisträger für Chemie) beteiligte.
Obwohl Hoffmann die zehn christlichen Gebote aus seiner radikalen Position heraus nur wegen ihrer Indienstnahme für die kapitalistische Ausbeutung kritisierte, eilte ihm der Ruf voraus, neue zehn Gebote formuliert zu haben. Das stimmte insofern, als seine Attacken darauf hinausliefen, das Parteiprogramm der Sozialdemokratie als geistige Richtschnur und deren Statut als Verhaltenskodex anzuerkennen. – was dann Gewerkschafter veranlasste, zehn Gebote klassenkämpferischen Verhalten zu formulieren.[14] Die „Kindergebote“ in der Frauenzeitschrift Gleichheit sind (mit großer Wahrscheinlichkeit) nicht von Hoffmann, aber ebenfalls politisch motiviert und orientiert.[15]
In der historischen Nachbetrachtung dieser Schrift sind drei Aspekte hervorheben. Erstens: In dieser wie in anderen freidenkerisch motivierten Schriften unterscheidet Hoffmann streng zwischen (persönlicher) Religion und (organisierter) Kirche. Letztere behandelt er als gegnerische Macht. Religionskritik, die im Namen von Wissenschaft Theologie widerlegen will, ist ihm fremd. Das ist nicht sein Thema. Ihn interessieren die Zehn Gebote nur, weil sie zur Macherhaltung genutzt werden.
Das Gegenangebot ist – zweitens – kein Nicht-Glaube, sondern wahrer Glaube an den Sozialismus. Deshalb fordert er am Ende des Buches ein „Evangelium des Sozialismus“. Dieses soll an die Stelle eines verbrauchten und korrumpierten kirchlich verfassten Christentums treten. Ein konstitutives Element dieses neuen Evangeliums – drittens – sieht er in der ethischen Kulturbewegung der Humanistengemeinden von 1895 um Georg von Gizycki und Lily Braun. Er hebt deren Angebot hervor und begibt sich damit in indirekte Distanz zu August Bebel, der darin nur „Humanitätsduselei“ zu sehen vermochte.
Der Interpretation Hoffmanns folgten eine ganze Reihe Berliner Freireligiöse. Das brachte sie dazu, aus dem Bund freier Gemeinden auszutreten und eine stärker freidenkerische Richtung zu befördern – nicht frei in, sondern frei von Religion. Hoffmann wurde vor allem von denjenigen Freireligiösen unterstützt, die in der Sozialdemokratie ihre geistige und politische Heimat fanden und dort wichtige Funktionen bekleideten. Dazu zählte v.a. Rudolf Penzig, der damals noch Freisinniger war und der in den 1920ern ein Schulspezialist in Sachen Lebenskundeunterricht wurde
Hoffmann und Penzig beeinflussten ihrerseits eine neue Generation von Freireligiösen und Freidenkern, von denen besonders die Familien der Brüder Harndt zu nennen sind. Adolf Harndt (1874–1932) wurde nach 1900 Geschäftsführer der Gemeinde und Leiter des Berliner Kulturkartells.
Hier ist noch einmal auf das Komitee Konfessionslos zu verweisen. Dessen Bedeutung lag weniger in der (letztlich bescheidenen) zunehmenden Zahl tatsächlicher Kündigungen der Kirchenmitgliedschaft. Es wurde vielmehr „freidenkerisches Wirken für die meisten Zeitgenossen zum ersten mal öffentlich“[16] – und zwar als sozialdemokratische Unternehmung.
Die Gegenpropaganda der Kirchen betonte die sozialistische Unterwanderung des Komitees. Tatsächlich setzten sich mit der Zeit prominente Sozialdemokraten wie Heinrich Peus (dem die Idee des Volks- und Kulturhauses zu verdanken ist) und Ewald Vogtherr an die Spitze. Ganz Linke, wie der Rechtsanwalt Karl Liebknecht, sahen im Komitee sowieso vor allem eine Agitationstruppe für ihre sozialistischen Ziele.[17] Und es war die sozialdemokratische Parteizeitung Vorwärts, in der die Ausgabe von Flugblättern des Komitees angekündigt wurde.
Die Tätigkeit des Komitees Konfessionslos beförderte, dass zwölf oppositionelle Freidenkervereine, von denen allein neun aus Sachsen und Thüringen kamen, 1908 in Eisenach den Zentralverband proletarischer Freidenker gründeten, der sich ab 1911 in Zentralverband proletarischer Freidenker Deutschlands umbenannte, sowie – in der deutschen Hauptstadt – dass sich parallel zum Zentralverband und zur Freireligiösen Gemeinde seit 1905 der Verein der Freidenker für Feuerbestattung entwickelte, eine weitere sozialdemokratische Gründung, die sich sowohl der antikirchlichen Agitation widmete als auch eine Sterbekasse unterhielt. Während der Verein vor dem Krieg nur etwa siebzig Mitglieder umfasste, stieg seine Anhängerschaft bis 1924 auf an die 400.000.
Mit anderen Freidenkern, besonders Karl Louis Bernhard Menke, Konrad Beißwanger und Max Sievers vom Zentralverband trug Hoffmann 1917 maßgeblich zum Bruch der USPD mit der SPD bei. Es waren diese Aktivitäten, die Hoffmann in der Revolution 1918/19 ins Ministeramt brachten. Und es war Hoffmanns sechswöchige Regentschaft, die der SPD in der Folgezeit den Ruf festigte, eine kirchenfeindliche Partei zu sein.
Radikale Trennung von Staat und Kirche
Wer heute wissen will, was das Grundgesetz unseres Landes zum Verhältnis von Staat und Kirche sagt, wird verwiesen auf die der Verfassung in Artikel 140 angehängten (inkorporierten) Artikel 136 bis 139 und Artikel 141 der Weimarer Reichsverfassung. Deren Kern ist in großen Teilen das Werk von Adolph Hoffmann – dies aber nicht in dem Sinne, dass er Formulierungen vorweggenommen oder er überhaupt in der Nationalversammlung etwas zu sagen gehabt hätte.
Hoffmann schaffte aber den Durchbruch in der Revolution durch sozialpolitische Tatsachen, welche die Abgeordneten der Nationalversammlung für oder wider ihn und dann die entsprechenden Artikel der Staatsverfassung provozierten. Auch wenn viel Konkretes zunächst vom Co-Minister Haenisch und dem stellvertretenden Regierungschef Hugo Haase ausgebremst bzw. im Vollzug verhindert wurde, aber die von Adolph Hoffmann per Revolutionsdekrete vollzogenen Änderungen hatten es in sich. Sie brachten das Ende der Staatskirche, die Beendigung der Pflichtigkeit von Religionsunterricht, die Gewissens‑, Glaubens‑, Religions- und Weltanschauungsfreiheit, die Freiwilligkeit der religiösen Eidesformel, die Weltlichkeit des Schulwesens, Kostenfreiheit des Kirchenaustritts (oft heute zurückgenommen) – und besonders die (allerdings nur angedrohte) Ablösung der Staatsleistungen an die Kirchen. Gerade dieses Ziel ist zuerst in der Schrift Los von der Kirche! formuliert.
Die gründliche Änderung des Staat-Kirche-Verhältnisses (die Aufhebung der Einheit von Thron und Altar) gehörte nicht zu den vorherrschenden Zielen derer, die sich in der Revolution 1918/19 an die Spitze stellten. Die wesentlichste Veränderung im Verhältnis des Staates zu den Kirchen und umgekehrt war eher zunächst ein Nebenprodukt und vollzog sich durch den Rücktritt der Landesfürsten im Zuge der Novemberrevolution. Damit fiel der Summepiskopat (das oberste Kirchenregiment der Landesherren) und riss eine Lücke in die gesellschaftspolitische Verfassung des Deutschen Reiches.
Einige sozialdemokratische Freidenker nutzten diese Gunst der Stunde. In der Revolution 1918/19 zeigte sich, dass die Sozialdemokratie, inzwischen in zwei große Richtungen gespalten, bei aller bisherigen Zurückhaltung in religiösen Fragen, von allen politischen Parteien noch am ehesten bereit war, sozialliberale Forderungen der im Weimarer Kartell zusammengefassten freigeistigen Verbände nach einer Trennung von Kirche und Staat aufzugreifen.
Für die radikalen Freidenker war seit 1904/05 immer mehr Adolph Hoffmann ins Rampenlicht gerückt. Mit der Revolution schien ihm die Zeit angebrochen, seine Vorstellungen in Wirklichkeit umzusetzen. Für den Kultur- , Bildungs- und Kirchenbereich bot sich Adolph Hoffmann als USPD-Vertreter deshalb an, weil ihm schon vor dem Kriege die Forderungen des ihm als zu bürgerlich geltenden Weimarer Kartells „nicht genügend“ an die Wurzel gingen.[18]
Er neigte in seinen Vorstellungen Konrad Beißwanger, aber auch Otto Rühle[19] zu, die seit 1905 die Losung von der Religion als einer Privatsache energisch kritisierten und von der Sozialdemokratie eine konsequentere Position und grundsätzliche Einschnitte in die gesellschaftliche Verfassung zugunsten einer tatsächlichen Trennung von Staat und Kirche forderten. Die Macht der Kirchen müsse politisch gebrochen und staatlich abgeschafft werden. Das sei eben so wenig ein „privater“ Vorgang wie der, an die Stelle der Religion eine neue sozialistische Weltanschauung zu setzen.[20]
Nur eine Woche nach dem Sturz des Kaisers und zu Beginn der revolutionären Wirren nahm Hoffmann am 15. November 1918 im Preußischen Landtag eine Grundsatzdebatte über das Recht der Eltern wieder auf, ihre Kinder dissidentisch zu erziehen. Hoffmann entwickelte das Problem nicht nur energisch, sondern publikumswirksam am Beispiel seiner eigenen Kinder. Dieser gerichtsnotorische Vorgang besaß eine lange, öffentliche Geschichte. Freidenker und Freireligiöse und selbst der sozialdemokratische Vorwärts verfolgten die vielen Verfahren gegen Hoffmann und die Rechtssprüche gegen ihn.
Am 14. September 1899 verurteilte ihn das Kammergericht in einem Verfahren, das bis 1890 zurückreichte, durch mehrere Instanzen gegangen war und einige Strafbefehle ihm zwischenzeitlich ins Haus gekommen waren, zu 5 Mark Strafe, weil er seinen Sohn als Dissident permanent vom Religionsunterricht und von der Reformationsfeier ferngehalten habe.[21] Hoffmann klagte weiter „gegen Gewissenszwang“, drehte den Spieß um und forderte Ersatz für Auslagen, schließlich hätten ihn die Strafbefehle erst angestiftet.[22] Die Nichtteilnahme an der Reformationsfeier wurde schließlich nicht bestraft, aber alles andre zu einer Straftat zusammengezogen und Hoffmann zu 9 Mark verurteilt. Hoffmann teilte mit, er würde weiter prozessieren.[23]
Bei dieser Geschichte nimmt es nicht wunder, dass die Welle des Umsturzes Hoffmann schließlich Eintritt in die Preußische Regierung verschaffte.
Sehr schnell fasste Hoffmann in 32 Thesen seine Vorstellungen zusammen. Sie reichten von der Trennung von Kirche und Staat, der Einführung eines konfessionslosen Moralunterrichts, verbunden mit der Abschaffung des Zwangs für Lehrer, solchen gegen ihre Überzeugung lehren zu müssen, über die Einheitsschule, eine Universitätsreform (mit dem Schlag, Sozialismus und Soziologie als Lehrfächer zu etablieren), die Förderung von Volkshochschulen bis zur Verstaatlichung der Hoftheater und ‑kapellen und ihrer Umwandlung in Nationaltheater und ‑orchester.[24]
Von Mitte November 1918 bis Anfang 1919 war Hoffmann Kultusminister, gemeinsam mit Konrad Haenisch. Doch faktisch schied Hoffmann schon am 10. Dezember aus dem Amt, weil auch ihn die als Pandemie grassierende Spanische Grippe aufs Krankenlager schlug. Der Rat der Volksbeauftragten legte am 12. November 1918 fest, dass die Freiheit der Religionsausübung gewährleistet sei, aber niemand zu einer religiösen Handlung gezwungen werden dürfe.[25]
Hoffmann und Haenisch verordneten am 27. November 1918 das Ende der geistlichen Schulaufsicht. Zwei Tage später, am 29. November, hoben sie den Religionszwang in der Schule auf. Per 13. Dezember 1918 setzten sie die Erleichterung des Kirchenaustritts durch, dessen Modalitäten im Wesentlichen auf den Forderungen des Komitees Konfessionslos basierten. Das preußische Kultusministerium verfügte am 18. Dezember (am 12. bereits von Haenisch im Vorwärts angekündigt), dass die Kinder von Dissidenten vom Religionsunterricht befreit sind. Es waren dies aber bereits mildernde Ausführungsbestimmungen zum Religionserlass.
Das Weimarer Kartell forderte in einer Eingabe an das Ministerium seinerseits weiter gehende Schritte vor allem in Richtung Gleichstellung „aller deutschen freireligiösen, freidenkerischen, ethischen, monistischen und ähnlichen Gemeinschaften“ mit der evangelischen und der römisch-katholischen Kirche.[26] Das schloss z.B. die Forderung ein, einen freidenkerischen Moralunterricht nicht nur an Fortbildungsschulen einzuführen, sondern auch in den Volksschulen, zumindest aber „die Befreiung der Dissidentenkinder vom gesamten schulplanmäßigen Religionsunterricht unter der Voraussetzung eines staatlicherseits genehmigten Ersatzunterrichts.“[27]
Zudem bestand das Kartell auf der Abschaffung der konfessionellen Eidesformel und der Aufhebung des Paragraphen 166 des Strafgesetzbuches (bis zu drei Jahre Gefängnis wegen Gotteslästerung). Es forderte die konfessionsunabhängige Zulassung zu Ämtern und – hinsichtlich des Personenstandswesens – , die nur zu statistischen Zwecken erlaubte Frage nach der Religionszugehörigkeit. Das Ganze lief auf den einfachen sowie kostenlosen Kirchenaustritt und die Gleichbehandlung der freidenkerischen Organisationen mit den beiden christlichen Großkirchen hinaus. Das bedeutete die „Trennung von Staat und Kirche und Schule und Kirche auf reichsgesetzlichem Wege.“[28]
Ende November hatte Hoffmann mit Alfred Dietrich (geb. 1877) auf Vorschlag Konrad Haenischs „einen gebildeten, angenehmen dissidentischen“ Sozialdemokraten[29], abgefundenen Erben des gleichnamigen Stuttgarter Verlages und Privatgelehrten als „Berater für die Trennung von Staat und Kirche … in das preußische Kultusministerium … [berufen.] Dietrichs Memorandum verband das Programm einer totalen Säkularisierung mit der Absicht, die Kirchen der allgemeinen Steuerpflicht zu unterwerfen“.[30]
Wie Hoffmann, so wurde auch Dietrich auf den Wogen der Revolution für kurze Zeit nach ganz oben getragen. Vor dem Kriege bewegte sich Dietrich im Umkreis von Max Maurenbrecher und muss hier Haenisch aufgefallen sein. Groß exponiert hat er sich vorher und nachher nicht, sonst wäre mehr über ihn bekannt. Seine radikalen Thesen – die sich in ihrem Kern korrekt am Erfurter Parteiprogramm der SPD orientierten – wurden zwischen dem 12. und 14. Dezember mit der evangelischen Landeskirche in Preußen, Vertretern der Freikirchen und der jüdischen Gemeinde diskutiert – zweifellos ein politischer Fehler Hoffmanns, zumindest ein Zeichen von Naivität –, wodurch die Thesen publik und Teile davon kurz vor der ersten Friedensweihnacht in die Presse lanciert wurden.
Hoffmann und Dietrich beabsichtigten nämlich, per 1. April 1919 alle staatlichen Zuschüsse an die Kirchen auf dem Verordnungswege einzustellen.[31] Sie fassten dazu eine Kommission ins Auge, in der drei Lieblingsfeinde des Zentrums und der Konservativen Sitz und Stimme haben sollten: Georg Graf von Arco, Arthur Drews und Helene Stöcker. Da Gelder aus der Staatskasse die wichtigste Finanzquelle darstellten, zielte ein solcher Vorstoß darauf, die Kirchen auf den Vereinsstatus zu reduzieren, wobei noch nicht einmal die Gemeinnützigkeit garantiert war. Zu betonen ist allerdings, dass auch unter Hoffmann die Zahlungen selbst weiter ordentlich erfolgten.
Die Forderungen Hoffmanns in den Formulierungen Dietrichs hatten es schon im ersten Satz in sich: „Die Trennung der Kirchen vom Staat, die man sachlich auch die Aufhebung der Staatsbeiträge an die Kirchen oder die Verselbständigung der Kirchen und Kultusgemeinden nennen kann“.[32]
In den Schulen war die „sofortige Aufhebung der Zwangsverpflichtung insbesondere für Dissidentenkinder zum Besuch des konfessionellen Religionsunterrichts“ vorgesehen. Es waren tiefe Eingriffe in innere Kirchenbelange geplant: „Erlaubnis zum fakultativen Gebrauch des Apostolikums und übriger Liturgie im Gottesdienst nach Gewissen und Ermessen des Geistlichen.“ Ein unmittelbar daran anschließender Zusatz in Klammern belegt, wie ein unter Dissidenten diskutiertes Prinzip der freien Religiosität als selbstverständliches Konzept für den Staat der Zukunft angenommen, zur Begründung angefügt und allgemein gesetzt wurde: „Dies ist bester ‘Sauerteig’ zur selbsttätigen praktischen Vorbereitung der Trennung und zur Bildung freier kirchlicher Gemeinden.“[33]
Ging die beabsichtigte „Verweltlichung des Bestattungswesens“ vielleicht noch an, so enthielt der Schluss von Dietrichs Thesen noch einmal kulturpolitischen Sprengstoff: „Abschaffung des Konkordats. … Für Geistliche nur aktives, kein passives Wahlrecht zu außerkirchlichen Parlamenten. … Umwandlung der rein kirchlichen, soweit möglich, in rein staatliche (bürgerliche) Feiertage und Naturfeste. (Sonnwendfeste, Erntefest, Totenfest, 1. Mai usw.) … vollständige Zurückgewinnung des kirchlichen Besitzes für den Staat … Abfindung der bisher vom Staate besoldeten Kirchendiener … in sozialem Geist.“[34]
Abgebremste „Entkirchlichung“ des Staates
Die gedachten Maßnahmen der „Trennungskommission“ gingen weit über die Vorstellungen des Weimarer Kartells und des „Kulturkampfes“ hinaus – und die galten schon als zu radikal. Das Programm und die kirchlichen, konservativen sowie sozialdemokratischen Widerstände dagegen, verbunden mit Demonstrationen und Drohungen aus einigen Regionen, sich vom Reich abzuspalten, besiegelten am 3. Januar 1919 das Schicksal Hoffmanns als Minister. Dietrichs Spur verliert sich aus der bisher bekannten Geschichte.
In diesem Machtkampf zeugen sowohl die dissidentischen Denkweisen wie die kirchlichen Stellungnahmen von der gegenseitigen Fremdheit. Äußerungen des katholischen Klerus und der evangelischen Kirchenräte belegen das totale Unverständnis gegenüber den berechtigten Wünschen der Dissidenten. Sie zeigen eine absolute Unversöhnlichkeit mit freidenkerischen Kulturvorstellungen, eingebunden in eine große Selbstverständlichkeit des Erhalts eigener Machtpositionen im Staat.
Während die Freidenker die Frage der Schulreformen weitgehend auf die Zurückdrängung des kirchlichen Einflusses reduzierten und diese Ideen mit ihrer Grundsatzforderung nach einer grundsätzlichen Staat-Kirche-Trennung verbanden, übersahen sie, dass ihre Einfälle auf Laizismus hinausliefen. Sie überschätzten damit den Anklang dieser Ziele in der Bevölkerung, in der die Gruppe der Konfessions- oder gar Religionsfreien sehr klein war. Zudem galt Laizität galt als französisch, also als eine Sache des ehemaligen Kriegsgegners.
Angesichts der politischen Absichten Hoffmanns, seit 1907/09 vom Weimarer Kartell immer wieder auch von bürgerlich-liberaler Seite angekündigt, brach für die Vertreter der Kirchen eine Welt zusammen. Die Illegitimität freidenkerischer Positionen stand für sie nicht einfach außer Zweifel – sie befanden sich für sie außerhalb jeder Kultur. Reinhard Mumm, Mitglied des Reichstages und Generalsekretär des Kirchlich-Sozialen Bundes, wird wegen der Berufung Hoffmanns der Ebert-Scheidemann-Regierung wenige Monate später vorwerfen, einen „Minister für Unkultur“ berufen zu haben.[35]
Die Vertreter der Kirchen waren gar nicht gewillt, irgendwelche Zugeständnisse zu machen: „Ein Staat ohne Gott, ohne Religion! Wer soll den Bestand des Staates sichern, wer die Gewissenhaftigkeit und Treue seiner Bürger, die Wahrhaftigkeit in Handel und Wandel gewährleisten? Etwa die Polizei oder die Furcht vor Strafe? … Die Ehe wird entweiht … Und eine Schule ohne Gott und ohne Offenbarung! … Eine Schule – merket wohl auf, geliebte Diözesanen – ohne Religionslehre und ohne Gottesdienst, ohne Gebet, ohne Beicht- und Kommunionsunterricht, ohne geregelten Sakramentenempfang“.[36]
Während die Kirchen im Inneren die Revolution noch verarbeiteten und an Konzeptionen feilten, vor allem die staatlichen Zuwendungen zu retten, nutzten sie nach außen die Zuspitzung der Lage vor der ersten Friedensweihnacht, um Hoffmann auch formal zu entmachten. Hoffmanns Erkrankung ermöglichte den Rückzug des Kultusministeriums. Zunächst schränkte Haenisch am 18. Dezember den Erlass vom 29. November über die Aufhebung des Religionsunterrichts ein, der von Gustav Wyneken verfaßt war[37], um ihn am 28. Dezember, „bis zur Entscheidung durch die preußische Nationalversammlung“, gänzlich außer Kraft zu setzen.[38] Die Verfügung vom 27. November 1918 über das Ende der geistlichen Schulaufsicht hob Haenisch am 15. Februar 1919 auf.[39]
Aber auch ohne Hoffmanns Erkrankung wäre es wohl zu seiner Absetzung gekommen, spätestens nach der Wahl der Nationalversammlung. Schließlich sahen sich die Preußische Regierung wie die Reichsregierung Ebert-Scheidemann nicht als Revolutionsregierungen, die auf dem Verordnungswege Tatsachen schafft, sondern als Übergangsregierungen hin zur Nationalversammlung. Vor allem gelang es den Freidenkern nicht, was wohl die einzige Möglichkeit gewesen wäre, die Kirchen zu zügeln, ihnen öffentlich wirksam eine Mitschuld am Durchhaltekrieg zu geben.
Bei den Kirchen selbst siegten Personal- und Strukturvorteile gepaart mit historischen Erfahrungen und fiskalischen Detailkenntnissen hinsichtlich der staatlichen Finanzierungen. Die Fortsetzung der Staatsleistungen galt es zu sichern unter Wahrung der errungenen Freiheit vom Staat. Das Angebot an den Staat hieß: Nur mit uns ist gesellschaftliche Stabilität garantiert.
Hatte die Katholische Kirche zunächst fundamentalistisch an der Einheit von Thron und Altar festgehalten, ist für beide Kirchen an der Wende zu 1919 klar und in ähnlichen Grundsatzpapieren festgehalten, was sie fordern. Die Kirchen wurden danach erfolgreich unmittelbar politisch – im unbedingten Festhalten an den Ergebnissen des Reichsdeputationshauptschlußes von 1803.[40] Wieder sind die Katholiken detailbewusster, aber beide wollen ein christliches Schulwesen, Bestandssicherung der Körperschaftsrechte und des Religionsunterrichts, Garantien hinsichtlich des Besteuerungsrechtes, der „Seelsorge“ und ihrer Einrichtungen – und eben der Staatsleistungen.[41]
Adolph Hoffmann musste für all dies als Hauptfeind herhalten und politisch dauerhaft hingerichtet werden. Die Folge war, dass auch andere Linke sich bei diesem Thema künftig zurückhielten. Zu lernen war – das ist der Haupterfolg der Kirchen in der Öffentlichkeit der 1920er Jahre und in der Politik bis heute: Hoffmanns Forderungen sind unmöglich und als Person ist er übergeschnappt. Selbst der sonst sehr abwägend argumentierende Ludwig Richter schreibt in seiner hervorragenden Analyse des Zustandekommens der Kirchen- und Schulartikel der Weimarer Verfassung, die Berufung von Hoffmann zum Kultusminister sei die folgenreichste Fehlentscheidung der neuen Preußischen Regierung gewesen.[42]
Von Hoffmanns untadeligem Verhalten im Kriege und seinem persönlichen Mut in der Revolutionsphase – z.B. bei der Besetzung des preußischen Landtages – mal ganz abgesehen: Das Problem war doch, welches Personal die Linke auf diesem Gebiet denn sonst vorzuweisen hatte. Der Aussage von Michael Schmidt in diesem Band ist darüber hinaus voll zuzustimmen, dass sich angesichts des organisierten Widerstandes besonders der katholischen Kirche „die Frage stellt, ob eine vorsichtigere Politik irgendein anderes Ergebnis erbracht hätte.“
Die praktische Politik Hoffmanns nach seiner Gesundung harrt noch der Analyse. Für das weltliche Schulwesen jedenfalls beschritt er neue Wege. Er nutzte die Lücken im Schulgesetz und die Gleichstellung von Weltanschauungen mit Religionen gleichermaßen.[43]
Erträge
Von den Verhandlungen des Verfassungsausschusses zum Verhältnis zwischen Staat und Kirchen blieben Dissidenten ausgeschlossen. Zwar warf der sozialdemokratische Bildungsexperte Simon Katzenstein (1868–1945) ein[44], man wolle die Gleichbehandlung und die Freiheit aller Religionsgemeinschaften erreichen. Allerdings verband er seinen Einwurf mit dem Zusatz, deren bevölkerungspolitische und wirtschaftliche Überwachung durch den Staat müsse bleiben.[45]
Die Mehrheit der nicht-sozialistischen Abgeordneten der Nationalversammlung beriet unter sich Mitte März 1919. Der evangelische Kirchenrechtler Wilhelm Kahl, der Katholik Joseph Mausbach, der liberale Theologe Friedrich Naumann und der inzwischen zu den Deutschnationalen gehörende Freireligiöse Gottfried Traub trafen dabei eine Absprache, die um so leichter durchzusetzen war, weil die Sozialdemokraten von ihren ursprünglichen Forderungen zurücktraten. Die Kommunisten befanden sich nach dem versuchten Aufstand und der Ermordung von Liebknecht, dem Vorsitzenden des Komitee Konfessionslos, und von Rosa Luxemburg in der Illegalität.
Friedrich Naumanns Zustimmung ging von der Annahme aus, „daß, nachdem einmal Inventur gemacht und Ablösung erfolgt ist, der Staat keine Mittel für die Kirche zu geben nötig hat.“[46] Genau dies trat aber nicht ein – bis heute nicht.
Die Weimarer Verfassung von 1919 brachte dennoch viele Fortschritte in der Trennung von Kirche und Staat (Artikel 137: „Es besteht keine Staatskirche.“[47]) und mit dem Artikel 148 auch eine hoffnungsvolle Formel für den Umgang mit Konfessionsfreien: „Beim Unterricht in öffentlichen Schulen ist Bedacht zu nehmen, daß die Empfindungen Andersdenkender nicht verletzt werden.“[48] Doch blieb gerade dieser Artikel umstritten.
Die Nationalversammlung machte lediglich solche Zugeständnisse an die Dissidenten, die schon vor dem Kriege absehbar waren und von Bildungsexperten wie Friedrich Paulsen vorhergesagt wurden. „Was die Schule anbelangt, so ist hier zwar der kirchlich kontrollierte Religionsunterricht geblieben, aber er hat die Herrschaft verloren.“[49]
Die Weimarer Verfassung verankerte in ihrem Artikel 149 den Religionsunterricht an den Schulen und schrieb die Theologischen Fakultäten an den Universitäten fort.[50] Beide Maßnahmen leiteten sich aus den Bestimmungen ab, wonach die „Religionsgemeinschaften“ schutz- und förderungsberechtigte „Körperschaften des öffentlichen Rechtes“ seien. Sie blieben es, „soweit sie solche bisher waren.“[51]
Aber genau hier hatten die im Weimarer Kartell zusammengeschlossenen Verbände eine Erweiterung angestrebt, die einigen Verbänden gelang, darunter den Freireligiösen und den Freidenkern Braunschweigs. Da die neu entstandenen und nach der Revolution neu entstehenden Gemeinschaften wurden aber weiter benachteiligt und werden dies bis heute.
Dabei die Umsetzung der Gleichstellungsnorm Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 7 WRV zu nutzen, die auf die formale Gleichheit von Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zielt, ist erst Ende des 20. Jahrhunderts mit der rasanten Zunahme der Konfessionsfreienzahlen, dem beabsichtigen Einstieg islamischer Organisationen in staatliche Fördersysteme und mit Gründung des Humanistischen Verbandes Deutschlands (HVD) relevant geworden. Heute – anders als in den 1920ern – eröffnet sich ein neues Kapitel politischen Vorgehens gegen die Privilegierung christlicher Organisationen sowie gegen weiter bestehende Einflüsse der Kirchen auf das gesellschaftliche und staatliche Leben. Ein wichtiges Feld war immer die Weltlichkeit des Schulwesens. Sie ist es bis heute.
Fußnoten:
- Vgl. Adolph Hoffmann: Die zehn Gebote und die besitzende Klasse. Zeitz 1891. – Genaue Titelangaben zu Hoffmanns Publikationen vgl. die Auswahlbibliographie in diesem Band. ↑
- Vgl. Kölnische Volkszeitung v. 15.12.1918, vgl. FN 18 im Beitrag Michael Schmidt. ↑
- Vgl. Walter Ulbricht: Der Kampf um den Frieden, für den Sieg des Sozialismus, für die nationale Wiedergeburt Deutschlands als friedliebender, demokratischer Staat. In: Protokoll … V. Parteitag der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands …, Bd.I, Berlin 1959, S.148–182. ↑
- Auch ein eigenständiger Personenartikel im „Lexikon sozialistischer Literatur. Ihre Geschichte in Deutschland bis 1945“ – weitgehend vor der „Wende“ entstanden und 1994 bei J. B. Metzler erschienen (Hg. von Simone Barck, Silvia Schlenstedt, Tanja Bürgel, Volker Giel und Dieter Schiller) – blieb ihm verwehrt. Die ursprünglich dafür produzierte Auswahlbibliographie wird in diesem Band erstmals veröffentlicht. ↑
- Vgl. Adolph „Hoffmann’s Erzählungen“. Berlin 1928. ↑
- Vgl. Gernot Bandur: Zehn-Gebote-Hoffmann. Adolph Hoffmann, eine sozialistischer Verleger und treuer Vorkämpfer der deutschen Arbeiterklasse. In: Börsenblatt des deutschen Buchhandels, Leipzig 150(1983)30, S.595–597. ↑
- Vgl. Clara Zetkin am 5. Oktober 1897 in: Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten zu Hamburg vom 3. bis 9. Oktober 1897. Berlin 1897, S.101. ↑
- Protokoll über die Verhandlungen des Parteitages der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Abgehalten in Jena vom 14. bis 20. September 1913. Berlin 1913, S.383. ↑
- Johannes Fischart (=Erich Dombrowski): Politiker und Publizisten. XXI: Adolph Hoffmann. In: Die Weltbühne. Wochenschrift für Politik, Kunst, Wirtschaft. [Berlin] Charlottenburg 14(11. Juli 1918)28, S.27–32, hier S.29. ↑
- Vgl. Michael Schmidt-Salomon: Manifest des evolutionären Humanismus. Plädoyer für eine zeitgemäße Leitkultur. Aschaffenburg 2005, S.156ff. ↑
- Zur Verweltlichung der Glaubenslehren im 18. und 19. Jahrhundert und zu deren Frage-Antwort-Spielen vgl. Politische Katechismen. Volney. Kleist. Heß. Hg. von Karl Markus Michel, Frankfurt a.M. 1966. ↑
- Vgl. Richard Calwer: Arbeiter-Katechismus. Eine sozialdemokratische Antwort auf das Preis-Ausschreiben des Pfarrers Weber zur Anfertigung eines Arbeiter-Katechismus für evangelische Arbeiter. Berlin 1896. ↑
- Vgl. Johannes Unold: Die zehn Gebote des Monismus. (Auf Grund der Erfahrungen aus Natur und Geschichte). In: Der Monismus, München 6(1911)58, S.210–212. ↑
- Vgl. dazu den Beitrag von Eckhard Müller in diesem Band bei FN 21. ↑
- Vgl. dazu den Beitrag von Eckhard Müller in diesem Band bei FN 47. ↑
- Jochen-Christoph Kaiser: Arbeiterbewegung und organisierte Religionskritik. Proletarische Freidenkerverbände in Kaiserreich und Weimarer Republik. Stuttgart 1981, S.82, S.30. ↑
- Vgl. Walter Oehme: Die Verleugnung des Erfurter Programms durch die Sozialdemokratie in der Frage des Kirchenaustritts. Frankfurt a. M. 1913 (NFV). – Vgl. Karl Liebknecht: Heraus aus der preußischen Staatskirche! In: Ders.: Gesammelte Reden und Schriften. Bd. VI, Berlin 1965, S.397. ↑
- Protokoll der Ordentlichen Generalversammlung des Deutschen Freidenkerbundes in Düsseldorf vom 20. Mai 1910, S.84. ↑
- Vgl. Horst Groschopp: Utopie vom „neuen Menschen“. Otto Rühle als Freidenker und Kulturwissenschaftler. In: Otto Rühle, Leben und Werk (1874–1943), hg. von Gerd Stecklina u. Joachim Schille. Weinheim u. München 2003, S.135–148. ↑
- Vgl. die entsprechenden Artikel in: Der Atheist, Nürnberg 1903, S.87/88; 1907, S.333/334; 1908, S.7/8, 221/22; 1909, 209, 265/66 u.a. ↑
- Vgl. Gerichts-Zeitung. In: Vorwärts (Berlin) vom 24. September 1899 (Nr. 224). ↑
- Vgl. Adolph Hoffmann: Kammer-Gericht contra Kammer-Gericht. Durch Rechts-Irrthum des höchsten preußischen Gerichtshofes zur strafbaren Handlung verleitet und dann von demselben Gericht dafür bestraft. Ein Beitrag zur modernen Rechtssprechung 1900. ↑
- Vgl. Gerichts-Zeitung. In: Vorwärts (Berlin) vom 16. März 1900 (Nr. 63). ↑
- Vgl. Johannes Tews: Sozialdemokratie und öffentliches Bildungswesen. 5. Aufl., Langensalza 1919, 69–71. ↑
- Vgl. Aufruf des Rats der Volksbeauftragten an das deutsche Volk vom 12. November 1918: „5. Die Freiheit der Religionsausübung wird gewährleistet. Niemand darf zu einer religiösen Handlung gezwungen werden.“ Zit. nach Ernst Rudolf Huber u. Wolfgang Huber: Staat und Kirche im 19. und 20. Jahrhundert. Dokumente zur Geschichte des deutschen Staatskirchenrechts. Bd. IV: Staat und Kirche in der Zeit der Weimarer Republik, Berlin 1988, S.2. ↑
- Eingabe des Weimarer Kartells an die deutsche Reichsregierung und die preussische Regierung. In: MJ, 3(1918)12, S.182f. – Das Schreiben ist unterzeichnet von Heinrich Rössler, Max Henning, Ernst Hochstaedter, Heinrich Peus, Rudolph Penzig, Gustav Tschirn und Helene Stöcker. ↑
- Tätigkeitsbericht der Geschäftsstelle des Weimarer Kartells für das Jahr 1917. In: Monistische Monatshefte, Leipzig 2(Febr. 1918)2, S.27. ↑
- Eingabe des Weimarer Kartells. ↑
- So Friedrich Lahusen, der evangelische Verhandlungsführer im Dezember 1918, vgl. Huber, Huber: Staat und Kirche, Bd.IV, S.4, FN. ↑
- Die Angaben von R. Huber und W. Huber über Dietrich werden korrigiert von L. Richter. Im Folgenden wird mit Richter stillschweigend überall die Schreibweise „Dietrich“ übernommen. Vgl. Huber, Huber: Staat und Kirche, Bd.IV, S.4 mit Richter: Kirche und Schule, S.78f, FN 56. ↑
- Vgl. Klaus Scholder: Die Kirchen und das Dritte Reich. Bd.1: Vorgeschichte und Illusionen. Frankfurt a.M., Berlin, Wien 1977, S.19/20. – Richter: Kirche und Schule, S.4. ↑
- Denkschrift von Alfred Dietrich für das preußische Kultusministerium über die Trennung der Kirchen vom Staat vom November 1918. Abschrift. Zit. nach Huber, Huber: Staat und Kirche, Bd.IV, S.8–13, 8. ↑
- Denkschrift von Alfred Dietrich, S.11. ↑
- Denkschrift von Alfred Dietrich, S.12/13. ↑
- Vgl. Richter: Kirche und Schule, S.271, FN 340. ↑
- Hirtenschreiben der preußischen Erzbischöfe und Bischöfe vom 20. Dezember 1918. Zit. nach Huber, Huber: Staat und Kirche, Bd.IV, S.30. ↑
- Vgl. Huber, Huber: Staat und Kirche, Bd.IV, S.62. ↑
- Vgl. Aufhebung der geistlichen Ortsschulaufsicht. Verordnung vom 27.11.1918. In: Zentralblatt für die gesamte Unterrichtsverwaltung in Preußen. Hg. in dem Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung. Jahrgang 1918, Berlin 1918, S.757/58. – Aufhebung vom 15.2.1919 in: Zentralblatt, Jahrgang 1919, Berlin 1919, S.362. – Verordnung über die Aufhebung des Religionszwanges in der Schule vom 29.11.1918. In: Zentralblatt, Jahrgang 1918, Berlin 1918, S.719–721. – Die Aufhebungen vgl. Zentralblatt, S.721/22. ↑
- Haenisch blieb bis 1921 im Kultusministerium und förderte von hier aus die Volkshochschulbewegung, Elternbeiräte und die Selbstverwaltung an höheren Lehranstalten, gründete die „Akademie der Arbeit“, die „Hochschule für Politik“ (in Berlin) und richtete an der Universität Münster Gewerkschaftskurse ein beim Professor für Nationalökonomie Johann Plenge, einem entschiedenen Kriegsbefürworter und 1917 Autor in der von Parvus (Pseudonym für Alexander Helphand, 1869–1924) herausgegebenen Zeitschrift „Die Glocke“. Hier war Haenisch Redakteur. ↑
- Vgl. 200 Jahre Säkularisation. (= humanismus aktuell, Hefte für Kultur und Weltanschauung, Berlin 7[2003]12). ↑
- Vgl. Richter: Schule und Kirche, S.30,37. ↑
- Vgl Richter: Schule und Kirche, S.24. ↑
- Vgl. Horst Groschopp: Zum Kulturkampf um die Schule. Historische Anmerkungen zum Berliner Streit um den Religionsunterricht. In: Jahrbuch für Pädagogik 2005: Religion – Staat – Bildung. Frankfurt a.M. 2006, S.225–234. ↑
- Katzenstein war ein Kaufmannssohn aus Gießen, der nach einem juristischen und historischem Studium als Referendar arbeitete. Als er 1890 der Sozialdemokratie beitrat, musste er den Justizdienst verlassen. Danach war er in verschiedenen Orten Deutschlands als Arbeitersekretär, Schriftsteller und Redakteur tätig und unterrichtete 1903 an der Berliner Arbeiterbildungsschule und, nach deren Gründung 1905, an der Parteischule. Als Jude stand er den Freidenkern nahe, politisch engagierte er sich aber vor allem im „Arbeiter-Abstinentenbund“. ↑
- Simon Katzenstein. In: Verhandlung über die Glaubensfreiheit im Verfassungsausschuß der Weimarer Nationalversammlung am 1. bis 3. April 1919. In: Huber, Huber: Staat und Kirche, Bd.IV, S.125. ↑
- Friedrich Naumann. In: Verhandlung am 1. bis 3. April 1919, S.121. ↑
- Die Verfassung des Deutschen Reichs (Weimarer Verfassung) vom 11. August 1919 (RGBl. S.1383). In: Deutsche Verfassungen. Hg. von Rudolf Schuster, 14. Aufl., München 1981, S.122. ↑
- Weimarer Verfassung, S.125. ↑
- Friedrich Paulsen: Das deutsche Bildungswesen in seiner geschichtlichen Entwickelung. Leipzig 1906, S.172. ↑
- Vgl. Weimarer Verfassung, S.125. ↑
- Artikel 137 in: Weimarer Verfassung, S.123. ↑
Quelle: Horst Groschopp: Adolph Hoffmann aus heutiger Sicht. In: „Los von der Kirche!“ Adolph Hoffmann und die Staat-Kirche-Trennung in Deutschland. Texte zu 90 Jahre Weimarer Reichsverfassung. Hrsg. von Horst Groschopp. Aschaffenburg: Alibri Verlag 2009, S. 7–28 (Schriftenreihe der Humanistischen Akademie Berlin, Bd. 2).