Konfessionsfreie und Humanismus
Die hier publizierte Ausarbeitung versucht ein vorläufiges Fazit der Debatte, die im Zusammenhang mit der Konferenz 2009 in Hannover stattfand. Sie greift auf vorliegende Studien meist anderer Autoren zurück, die einer kulturwissenschaftlichen Betrachtung unterzogen und zu denen thesenartig Überlegungen angestellt werden.[1] Ziel ist die Beförderung des Diskurses zum Thema im organisierten Humanismus, der mit der soziologischen Situation konfrontiert ist, dass Konfessionsfreie eine relativ neue Bevölkerungsgruppe darstellen – und zwar die am raschesten wachsende in Deutschland. Mehr als ein Drittel der Bevölkerung ist derzeit konfessionsfrei.[2] 1990 zählte die gesamtdeutsche Konfessionsfreienquote 22 Prozent. Gegenwärtig – zwanzig Jahre später – sind es etwa 35 Prozent. Nicht-Mitgliedschaft in Kirchen und religiösen Gemeinschaften ist normal geworden.
Untersuchungen, z.B. von Forsa 2007, besagen zudem, dass mehr als achtzig Prozent der Konfessionsfreien in Deutschland der humanistischen Lebensauffassung zustimmen: „ein eigenständiges, selbstbestimmtes Leben frei von Religion und dem Glauben an einen Gott …, das auf ethischen und moralischen Grundüberzeugungen beruht“.[3] Dieser Ansicht stimmt aber zugleich fast die Hälfte aller Deutschen zu. Darunter befinden sich 45 Prozent Kirchenmitglieder. Die Religionssoziologen Detlef Pollack und Olaf Müller teilen folgenden Befund mit: „Weniger als die Hälfte der deutschen Bevölkerung misst christlichen Wertvorstellungen und Überzeugungen für ihr Leben zumindest eine gewisse Bedeutung bei.“[4] Hieraus ergibt sich die Frage nach der anderen Hälfte der Einwohnerschaft. Inwiefern handelt es sich hier um Konfessionsfreie? Schon diese vagen Angaben zeigen: Es dies eine weitgehend unbekannte Bevölkerungsgruppe.
Das Phänomen der Konfessionsfreiheit und darin eingeschlossen das der Religionslosigkeit ist insgesamt komplex, zumal noch pejorative Muster aus den Zeiten der Staats- und Volkskirchen kräftig wirken. Dieser Bevölkerungsgruppe – so auch der öffentliche, weitgehend von den Kirchen dominierte öffentliche Diskurs – fehlt irgend etwas, so der Vorwurf. Sie sind „konfessionslos“, „glaubenslos“, „ungläubig“. Ihre Mitglieder sind „Gottesleugner“, „Gottlose“ oder „Heiden“. Ihre Kinder besuchen „Ersatzunterricht“ (statt Religion). Sie pflegen – so auch in der Bestattungskultur – diverse „Ersatzrituale“.
Jedenfalls stellt sich hierzulande die Frage, wie das Leben und darin wieder die kulturellen Formen des Abschiednehmens auf die Zunahme von Glaubens- und Unglaubenspluralität reagieren, zumal noch in Gegenden des „ostdeutschen Volksatheismus“.[5] Doch werden die Konfessionsfreien zunehmend auch im Westen wahrgenommen, und dies nicht nur, weil in den letzten zwanzig Jahren mehr als zwei Millionen vor allem junge Menschen von Ost nach West zogen. Das war eine große „Atheistenumsiedlung“[6], die ihrer Kulturbedeutung noch nicht untersucht ist.
Nimmt man die in der Bevölkerung vorfindlichen Lebensanschauungen, so ist ein Anwachsen humanistischer Überzeugungen und Verhaltensweisen zu beobachten. Dabei spielt es zunächst keine Rolle, ob die Menschen, die so denken und leben, wissen, dass andere ihr Tun und Lassen „humanistisch“ nennen. Auf der lebensweltlichen Ebene sind humanistische Grundeinstellungen unübersehbar. Sie zeichnen sich durch Betonung der Autonomie und der Individualität aus und gehen einher mit der Anerkennung des Rechts auf Selbstbestimmung auch im Beantworten „letzter Fragen“ – im Kontrast zu kollektiven Rück-Bindungen in Religionen.
Das hat Folgen für die Bestimmung von Leitprinzipen[7] wie „Solidarität“, dem säkularen Pendant zur christlichen „Nächstenliebe“. Doch während diese sich auf den bestimmten, aktuell begegnenden und zum Gesichtskreis des Glaubenden gehörender „Mitmenschen“ bezieht, wird „Solidarität“ eher funktional als allgemeine Verbundenheitshaltung aufgefasst, als Verpflichtung zur politischen oder sozialen Unterstützung anderer, nicht nur in Mangel- und Konfliktsituationen, sondern auch als helfender Beistand bei der Durchsetzung von Interessen. Sie gibt nicht vor, dem „Nächsten“ aus Liebe beizustehen, sondern sieht eine Verpflichtung darin, auch dem fernsten Menschen helfen zu müssen, weil dieser ein Mensch wie man selbst ist – unabhängig vom Glauben. Diese Zuwendung kann dann auch „stellvertretend“, also unpersönlich wahrgenommen werden durch Dienstleistungen bzw. „indirekt“ durch Geld- oder Sachleistungen. Gerade die Bestattungskultur ist – wie noch gezeigt wird – davon beeinflusst.
Konfessionsfreie – je rationaler orientiert desto mehr – haben in der Regel auch ein kritisches, „ungläubiges Verhältnis“ zu den eigenen Welt- und Menschenbildern, dies schon aus der Distanz zu Religionen und Kirchen. Die beständige Abwehr einer „Kirche der Atheisten“ folgt daraus ebenso wie Anerkennung der beständigen Unvollständigkeit der eigenen Weltanschauung.[8]
Drei weltanschauliche Positionen prägen humanistische Bestattungskultur
Gott ist – erstens – vielen Menschen gleichgültig (geworden). Er kommt in ihren Gewissheiten nicht (mehr) vor. Sie gehen so weit, dass sie generell für sich „letzte Antworten“ ablehnen. Beispiele dafür finden sich bei Schwangerschaftsabbrüchen, in der Sterbehilfe und bei Bestattungen (um nur drei existenzielle Bereiche herauszuheben). Wenn aber eine höhere Instanz wegfällt, müssen Tod, Trauer und Bestattung als irdische und gestaltbare Ereignisse angenommen werden.
Lebensweltlicher Humanismus zeigt sich – zweitens – im hohen Stellenwert der eigenen Erfahrungen. Diese und deren Kommunikation mit anderen Erfahrungen führt in der Bestattungskultur zu einer Reflektion anderen und fremden Wissens und Empfindens und macht die Rituale offen für neue Formen. Was eine christliche oder muslimische oder andere religiöse Bestattung auszeichnet, ist aus den jeweiligen Glaubenslehren heraus abgeleitet und rituell kenntlich. Eine humanistische Bestattung ist frei von liturgischen Festlegungen – aber wir werden sehen, dass sie ebenfalls Eigenschaften aufweist, die als – wenn auch offene – „konfessionelle“ gesehen werden können.
Eine dritte Position ist die Ablehnung jeden Erlösungsgedankens. Ist ein Leben beendet, dann wird die Anerkennung der Einmaligkeit und Unwiederholbarkeit jeden Lebens den Hinterbliebenen bewusst, dass auch ihr Leben einen Anfang und ein Ende hat. Wer gedanklich ohne Auferstehung auskommt, hat nur die Möglichkeit, anderen durch Taten im Gedächtnis zu bleiben. Gerade deshalb steht auch das gelebte Leben des Verstorbenen im Mittelpunkt der Feier.[9]
„Humanistisch“ zu argumentieren zwingt die wertenden Subjekte, auch wenn sie formale Konfessionalität ablehnen, die Verabschiedungszeremonie mit einem „weltanschaulichen Bekenntnis“ zu versehen – so wie man, wenn man „christlich“ spricht, sich innerhalb von Christenlehre, Kirche und Konfession ausdrückt. „Humanistisch“ ist zwar – wie schon oben erwähnt – noch keine allgemein anerkannte Bezeichnung für solche Lebenseinstellungen. Doch vielen Konfessionsfreien gilt Humanismus inzwischen durchaus als dasjenige, was sie auszeichnet. Sie würden aber nicht so weit gehen, darin etwas zu erkennen, was nur Konfessionsfreien sozusagen als „Konfession“ zugehören soll.
Hinzu kommt eine gewisse Ehrfurcht vor den humanistischen Eliten der Renaissance und Distanz zu denen, die Humanismus in einseitiger Interpretation dieses Erbes lediglich als alte Sprachen und Humanistisches Gymnasium verstehen.[10] Solche Einwände illustrieren das Problem, vor dem die bekennenden Humanisten stehen. Wie sonst – außer „humanistisch“ – sollten sie dasjenige benennen, was nicht nur ihre Überzeugungen ausdrückt, sondern auch noch international verständlich ist?[11]
Wird nämlich der vom Humanismus der Renaissance[12] historisch wiederentdeckte und von da an fortwirkende Bezug des Menschen auf Menschen als Menschen konsequent zu Ende gedacht und somit der Mensch als Ausgangs- und Bezugspunkt humanistischen Denkens genommen, impliziert „humanistisch“ eine immanent weltliche Sicht auf die Dinge und Werte des Lebens, eine selbstverständliche „Gottlosigkeit”, gepaart mit wertenden Stellungnahmen zum Weltganzen.[13] Der Theologe Thomas Zimmermanns stellte deshalb schon vor Jahren den Unterschied zu Religionen heraus. Er definierte Humanismus als „Zusammenfassung verschiedener weltanschaulicher Richtungen, die als gemeinsame Wesensmerkmale u.a. einen rationalistischen und anthropozentrischen Schwerpunkt aufweisen.”[14]
Man mag die Zuspitzungen in den Kernbegriffen „Rationalität“ und „Anthropozentrismus“ durchaus mit einiger Berechtigung relativieren oder die Säkularisierungsthese generell verneinen. Festzuhalten bleiben jedenfalls drei „Aufgaben“ derer, die sich dem modernen Humanismus theoretisch zuwenden: Der erste Auftrag ist, sich der Quellen des Humanismus genauer zu versichern und in Relation zu stellen sowohl zu allgemeinen kulturgeschichtlichen Prozessen als auch zu den Besonderheiten je spezifischer Kulturbewegungen, die mit dem Humanismusbegriff operieren, um dessen historischen wie aktuellen Beitrag genauer zu bestimmen.[15] Hier werden „die Organisierten“ – angesichts des Fehlens eigener Forschungskapazitäten – auf die Befunde einer noch zu entwickelnden wissenschaftlichen Humanistik angewiesen sein[16], die nur eine „interkulturelle“ sein kann, in der als gesichert gilt, dass Humanismus „kein Proprium des biblisch-griechischen Abendlandes“ ist.[17]
Zweitens ist Humanismus hierzulande eine vorwiegend säkulare Weltsicht, auch wenn es religiöse humanistische Auffassungen gibt bis hin zu solchen, die, an entsprechende zeitbedingte Forschungen angelehnt, die ihn als vereinbar sogar mit dem Katholizismus sehen.[18] Die säkulare Weltsicht ist nicht nur in Theorien auffindbar, sondern „lebt“ in Kultur- und Lebensanschauungen im Alltag vieler Menschen. „Humanistische“ Kernaussagen finden sich in der – zugespitzt – „Konfessionsfreien-Konfession“ und damit bei etwa einem Drittel der Bevölkerung. Diesem Phänomen muss sich der organisierte Humanismus (und der Humanistische Verband Deutschlands, HVD, in ihm) zuwenden. Er versteht sich als gesellschaftliches Handlungsbündnis, das Humanismus als Weltanschauung pflegt innerhalb einer an Demokratie und Aufklärung orientierten Kulturbewegung, deren Grundsätze sich in den Menschenrechten spiegeln, die in den Verfassungen zunächst Europas und Amerikas und heute in den Vereinten Nationen ihren Niederschlag finden.
Verfassungsrechtlich hat der HVD den Status einer „Weltanschauungsgemeinschaft“.[19] Er betreibt zahlreiche soziale und kulturelle Projekte, organisiert Jugendfeiern, hat eine eigene Jugendorganisation, ein Hilfswerk für Katastrophenfälle und Humanistische Akademien. Als Alternative zum Religionsunterricht lehrt der HVD das Schulfach Humanistische Lebenskunde, das in Berlin und Brandenburg bereits von etwa 50.000 Kindern besucht wird. Bekannt ist der Verband durch seine Praxis der Patientenverfügungen und der humanen Sterbehilfe.
Hieraus ergibt sich ein dritter Auftrag, der diesen Text leitet. Er besteht darin, die humanistische Praxis theoretisch zu begleiten. Zu dieser Praxis gehört auch das gesamte Feld des Lebensendes und des Umgangs mit Toten. Gerade Patientenverfügungen gehören inzwischen zu den Regelungen, die im Zusammenhang mit dem eigenen Tod getroffen werden, wie auch palliative und hospizliche Betreuungen sowie Selbsthilfegruppen Trauernder (Trauerarbeit in Gruppen), so dass eigentlich von einer theoretischen Erfassung der Sterbe‑, Bestattungs- und Trauerkultur zu reden wäre. Ein Konzept humanistischer Bestattungskultur kann nur aus einer Gesamtbetrachtung wachsen, die hier nicht geleistet werden kann. Aber einige Anregungen sollen gegeben werden.
Umgang mit Sterben und Tod
Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht, in unserer Gegenwart würden Sterben, Tod, Bestatten und Trauern verdrängt werden und sozusagen hinter einem Vorhang im Verborgenen stattfinden, ist auch in der hiesigen Wirklichkeit das Gegenteil zu beobachten. Indikator dafür ist, „dass der Tod nicht mehr in erster Linie als technisch-organisatorisches, sondern als psychosoziales Problem verstanden wird“, inklusive, dass „die potentielle kulturelle Vielfalt des Umgangs mit dem Tod nicht als Störfaktor, sondern als Chance begriffen wird.“ Anteilnahme sei, so Norbert Fischer, ein „soziales Kapital“. Dieses speise sich aus dem Wunsch, „den Tod nicht jenen zu überlassen, denen Effizienz, Funktionalität oder Geschäftssinn wichtiger sind als ein menschenwürdiger Abschied.“[20]
Auch die viel beschworene „Unfähigkeit zu trauern“, die auf das so getitelte, zuerst 1967 erschienene Buch von Alexander und Margarete Mitscherlich zurückgeht[21], ist eine nur „vermeintliche“ Kultureigenschaft der Moderne. Sie ist, dem Ritualforscher Axel Michaels zufolge, „nichts anderes als das ewige Unbehagen am Tod, jenseits aller Kulturen und Zeiten“. Im Gegenteil, gerade „die Vorstellung, der Tod könne durch eine gelingende Trauer bewältigt werden, ist modern, entstanden aus der hypermodernen und totalen Leugnung bzw. Verdrängung der Sterblichkeit des Menschen. … Ratlosigkeit Unsicherheit, Ambivalenz, Tabuisierung, Sprachlosigkeit – das gab und gibt es auch in anderen Kulturen mit ihren Trauerritualen. Gerade die Spannungen machen die Dynamik der Rituale aus“.[22]
Die Moderne begann im Bestattungswesen (Norbert Fischer folgend[23]) im 18. Jahrhundert mit der Einführung des bürgerlichen individuellen Grabs.[24] Die Feuerbestattung (Kremation) brachte die Industrialisierung des Todes und des Umgangs mit Toten. Das Massensterben auf den Schlachtfeldern zweier Weltkriege und der Holocaust führten zur zeitweiligen Aussetzung und dann Neubestimmung der Pietät, deren Regeln und Verhaltensformen bis auf den heutigen Tag Verunsicherungen erzeugen, wie mit dem Tod rituell umzugehen ist im Zeitalter der Massenkulturen und ihrer Medien.
Eine der Folgen daraus ist die Ambivalenz wertenden Bezugs auf Tod und Trauer, die zum einen von der Individualisierung und Serialisierung des kommerziellen Bestattens begleitet wird – inklusive des Siegeszuges religiös-weltanschaulicher Vielfalt –; und zum anderen zur Selbstbestimmung der Bestattungsart führte, die das faktische, noch nicht das juristische Ende des Friedhofszwangs – zumindest der Urnen – einläutete.
In die historischen Wandlungen waren – zumindest für Deutschland lässt sich dies nachweisen – diejenigen Aktivitäten säkularer Organisationen eingebunden und teilweise federführend, die sich der weltlichen Bestattungskultur widmeten. Deren Wirken ging einher mit freireligiösen und freidenkerischen Projekten. Vor allem die Feuerbestattung und die Dienstleistungen für konfessionsfreie „Dissidenten“ zeitigten tiefgehende Nachklänge in der Bestattungskultur.[25]
Dieser Vorgang wird von Beginn an von kirchlicher Seite beobachtet und in seiner weltanschaulichen Tendenz grundsätzlich kritisiert, teilweise bis heute. Vor allem die „Frage, was nach dem Tod kommt, scheint zunehmend von einer christlich geprägten Antwort entkoppelt. Dies ist z.T. nichts Neues. Für die Freidenkerbewegungen der Vergangenheit war einst die Feuerbestattung ein demonstrativer Akt. Auch heute noch sind für Freidenker, z.B. für den ’Humanistischen Verband Deutschlands’ (HVD), die Bestattung und die Trauerfeier so etwas wie eine missionarische Gelegenheit. Einschlägige Zeitschriften und zahlreiche Internetportale veranschaulichen dies. Humanisten und Atheisten, bekennt eine Sterbegleiterin des HVD stolz in einem Interview, hätten ’erstmals in der Geschichte ein natürliches Verhältnis zum Tod zum Ausdruck’ gebracht.“[26]
Gemeint ist die Aussage in einem Interview in der Verbandszeitung diesseits 1996 mit Gita Neumann, verantwortlich im HVD für Patientenverfügungen und humanes Sterben. Ihre Präzisierung, dass bis Anfang des 20. Jahrhunderts der Tod ein Ereignis gewesen sei, „das überall magisch überhöht und religiös gefasst wurde“[27], findet ihre Bestätigung im Wandel der Bestattungskultur.
Dazu haben – historisch gesehen – freireligiöse und freidenkerische Verbände und – aktuell – eigenes kulturelles und wirtschaftliches Engagement einige Verbände im HVD im Bestattungs- und Trauerbereich regional wichtige Beiträge geleistet. Eine Ausweitung dieser Praxis in Richtung Kolumbarien, Urnengemeinschaftsanlagen, Feierhallen, Beratung von Menschen, die Trauerfeiern selbst gestalten wollen oder eigene Trauerfeiern bereits zu Lebzeiten konzipieren, sind in der Debatte. Ihre Umsetzung hängt allerdings wesentlich von wirtschaftlichen Voraussetzungen ab, die der HVD derzeit in andere Projekte investiert (eigene Kindertagesstätten, Schulen, Hospize …).
Die reale Prioritätensetzung folgt der Erkenntnis, dass humanistische Lebenseinstellungen in der Bevölkerung auf die weltliche Bestattungspraxis auch ohne direkte Teilnahme von dezidiert humanistischen Organisationen einen nicht zu übersehenden Druck ausüben. So ist es zum Beispiel für den HVD sinnvoller, sich in Fachdebatten einzubringen, weil er sich auf einem seiner traditionellen Kernfelder selbst in einem Lernprozess befindet und weil sich die Debatte über Bestattungskultur derzeit hinsichtlich der Themen und der Beteiligten ausweitet. Grundsätzliche Fragen des kulturellen Umgangs mit Sterben und Tod werden kontrovers und weltanschaulich bzw. religiös zugespitzt erörtert. Das fördert bei den Fachvertretern die Aufnahmenbereitschaft für humanistische Ideen.
Drei Probleme – „Totenehre“, Tierfriedhöfe und DDR-Geschichte – seien kurz herausgehoben, um die „humanistische Dimension“ des Dialogs anzudeuten. Da ist erstens die keineswegs scholastische Frage, ob Toten „Menschenwürde“ oder nur „Totenehre“ zukommt.[28] Sie zielt darauf, inwiefern Artikel 1, Absatz 1, Satz 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar.“) auch für das Andenken und den Ruf eines toten Menschen gilt und eine postmortale Wirkung insofern hat, als die verstorbene Person den persönlichen Achtungsanspruch behält und damit ihr Recht auf fortwährende Anerkennung der gelebten Individualität. Es wird neuerdings davon ausgegangen, dass „Würde“ zwar nur Lebenden zukommt, diese aber weiter wirkt beim Umgang anderer Personen mit den sterblichen Überresten bis in die Totenruhe hinein und hinsichtlich des öffentlichen Ansehens der verstorbenen Person. Das Bürgerrecht erlöscht, aber die der Person zukommende Menschenwürde besteht fort – wenn auch als Handlungsauftrag an andere.
Diese „Würde“ kann die Person nicht mehr selbst einfordern.[29] Ihre Würde wird Bestandteil bestattungskultureller Richtlinien und Handlungen. Sie geht z.B. in Bestimmungen zur „Totenehre“ ein, wie sie in Bestattungsgesetzen geregelt sind. Die „Menschenwürde“ Verstorbener, umgesetzt in Normen der „Totenehre“, ist eine den Lebenden aufgetragene, den kulturellen Traditionen und Vereinbarungen folgende und damit auch religiösen und weltanschaulichen „Glaubensannahmen“ übergeordnete Erwartung, der nachzukommen ist. Daraus ergeben sich beim Bestatten auch die Regeln der Pietät, die Formen der Trauer, die Pflichten im Umgang mit den Toten und mit ihren Angehörigen sowie der Respekt gegenüber diesen Ritualen. Widersprechen religiöse Bräuche oder besondere Wünsche den geltenden Regeln, dürfen sie nicht ausgeführt werden bzw. müssen die Erlaubnisse, anders zu bestatten, herbeigeführt werden.[30]
Gerade Rationalität und Solidarität sind hier erforderlich. Nur ein verstandesmäßiger Umgang mit den durch Tod und Trauer hervorgerufenen Situationen vermag in einer pluralistischen Gesellschaft mit Konflikten umzugehen, die aus höchst kontroversen, unterschiedlich religiös begründeten Bestattungsnormen folgen. Dass hier fremde Personen (z.B. Bestatter) solidarisch mit den Toten und Hinterbliebenen sowie deren Wertvorstellungen umgehen, erleichtert pragmatische Lösungen, die beim Beharren auf der je eigenen religiösen oder weltanschaulichen Wahrheit nicht möglich wären.
Zweitens nähern sich – und hier wird „Anthropozentrismus“ als Unterscheidungskriterium zwischen Menschen- und Tierbestattung bedeutsam – Orte und Rituale der Human- und Tierbestattung immer mehr an.[31] Für Humanismus als eine historisch gewordene Kulturauffassung von „Barmherzigkeit“ und „Menschlichkeit“, die davon ausgehend Würde von Menschen definiert, ist die Debatte wichtig, ob und welche Menschenrechte auf Tiere ausgedehnt werden sollen. Zu den damit in Bezug auf das Bestattungswesen vorgeschlagenen kulturellen Formen gehört, dass Menschen mit (ihren) Tieren bestattet werden möchten, und dass sich Friedhöfe für Menschen und solche für Tiere baulich und erinnerungssymbolisch ähneln, neuerdings sich sogar oft räumlich nebeneinander befinden.
Eine humanistische Position hat zwar zu beachten, dass Tiere lebende Wesen sind, denen bestimmte Tierschutzrechte verliehen werden, dass aber auf der kulturellen Ebene der Unterschied zwischen Mensch und Tier gewahrt werden muss, auch in den symbolischen Formen der Erinnerung. Eine Verwischung erzeugt die Gefahr, das Einmalig-Menschliche in einem Allgemein-Lebendigen gedanklich aufgehen zu lassen.[32] Man kann zwar die Hoffnung haben, die Verehrung alles Lebendigen führe in der Tendenz zu einer Verbesserung auch der Menschenrechte. Doch zeigt ein Rückblick auf die monistischen Freidenker, dass eine Verwischung der Tier-Mensch-Grenzen mit einer gewissen Sicherheit gerade diejenigen Menschen abwertet („lebensunwertes Leben“), deren Menschsein den Betroffenen wegen ihrer prekären geistigen oder körperlichen Befindlichkeit nur per Menschenrecht garantiert werden kann.[33]
Eine nähere Bestimmung dessen, was humanistische Bestattungskultur ausmacht, wird drittens nicht ohne Analyse der bis heute weitgehend aus der Debatte ausgeblendeten DDR-Geschichte auf diesem Gebiet möglich sein. Auch in der DDR wurde – wie sollte es anders sein – gestorben und bestattet. Da der Anteil konfessionsfreier Bevölkerung zum Ende der DDR um die achtzig Prozent betrug, musste das Bestattungswesen auf diese sozialkulturelle Tatsache früher reagieren als in der alten Bundesrepublik und eine vorwiegend weltliche Kultur befördern. Was daran humanistisch im heutigen Verständnis war, wäre endlich anhand der Befunde zu klären.[34]
So ist es doch auffällig, dass zuerst in der DDR erprobte neue Umgangsformen mit der Totenasche jetzt ernstlich gesamtdeutsch diskutiert werden, entweder mit einem verschämten Blick auf deren Herkommen oder gar als neue Idee. In Nordrhein-Westfalen – und sicher bald auch in anderen Bundesländern – gibt es spezielle Friedhöfe, auf denen die Asche Verstorbener verstreut werden darf. Das gab es aber schon zu DDR-Zeiten in Rostock. Es war eine besondere Form der Abkehr vom Urnenzwang, der sich gedanklich an die Seebestattung anlehnte. Die Ascheverstreuung auf einer fast tausend Quadratmeter großen Wiese unter Einsatz von Wassersprengern wurde in den 1980er Jahren aus Bratislava und Prag übernommenen.[35]
Es wäre auch zu prüfen, zu welchen anderen Vorschlägen und Praxen volks- bzw. betriebswirtschaftliche Überlegungen geführt haben. Geht es unter den marktwirtschaftlichen Bedingungen in der Bundesrepublik um Gewinnmaximierung, die eher nebenbei Religiöses nivelliert und nach seriell nutzbaren Bausteinen fragt, haben die auf Ersparnis und religiöse Abstinenz getrimmten Kommunalbetriebe der DDR ähnliche Ergebnisse (allerdings früher und breiter) erzielt und Säkularität befördert.
Diesen und anderen Fragen muss sich der Humanismus stellen. Er sollte sich dabei zunächst auf das konzentrieren, was seinen unmittelbaren konzeptionellen Einfluss verlangt, seine eigene Praxis des Bestattens und Erinnerns an die Toten.
Humanismus und Erinnerungskultur
Standpunkte des organisierten Humanismus zur Bestattungskultur in Deutschland fußen auf einer mehr als 150jährigen Praxis. Von dort aus erfolgt die lernende Durchsicht vorliegender anderer Auffassungen. Dabei zeigt sich, dass die Zeit günstig ist für humanistische Offerten. Denn Kirchen, Religionen und „neutrale“ Praktiker stehen angesichts der zunehmenden Zahl von Konfessionsfreien faktisch vor den gleichen zu lösenden Fragen und deren ethischer wie praktischer Beantwortung.
Der bisherige Diskurs zeigt, dass unsere Gesellschaft nicht so sehr unter einer Ausblendung von nicht-christlichen Beerdigungsritualen leidet, diese gibt es in Masse, sondern an dem Mangel, das „Weltliche“ vorurteilsfrei zu analysieren. Das „Christliche“ im Zusammenhang mit Tod, Sterben und Trauer ist in einigen Regionen zwar immer noch dominant, doch führen nicht nur die Wiederbelebung jüdischer Kulturen, sondern die Neueinführung muslimischer und anderer religiöser Brauchtümer zu einer neuen Pluralität, in deren Rahmen sich humanistische Angebote bewegen.
Die Konfessionsfreien und ihre säkularen Verbände stehen bei diesem Thema vor der langfristigen Aufgabe, sowohl eine eigene „Gedächtnispolitik“ zu entwickeln – und darin ihre eigenen Leistungen im Bestattungswesen darzustellen –, als auch das öffentliche Bewusstsein zu verbessern hinsichtlich der kulturhistorischen Leistungen der freidenkerischen Humanisten.
Die immer wieder aufwallenden politischen Konflikte um die Erinnerungskultur in den Medien und im Gedenk‑, Museums- und Ausstellungsbetrieb bedürfen der humanistischen Stimmen, die sich in den Diskursen bemerkbar machen. Orte öffentlichen Erinnerns sind vielfältig: Gedächtnisstätten, Denkmale, Ausstellungen, Stelen, Schilder, Landkarten und Hinweistafeln.[36] Wenn dafür öffentliches Geld eingesetzt wird, politisiert sich der Streit um Erinnerungskulturen. Es sind in unserer Gesellschaft besonders die organisierten Konfessionsfreien, deren Gedächtnis verletzt ist und die den Verlust lebensweltlicher Erinnerungszeichen eigentlich lauter beklagen müssten.
Dies ist u.a. deshalb so, weil die kulturellen Innovationen der Säkularen stets in die allgemeine Kultur eingehen, ohne gesonderte Spuren zu hinterlassen oder sich in eigenen Baulichkeiten zu manifestieren. Gerade deshalb sollten die Organisationen der Konfessionsfreien eine Reform der öffentlichen Erinnerungs‑, Gedenk- und Trauerkultur fordern, damit künftig religiös-weltanschauliche Pluralität stärker geachtet und auch die Meinung und Trauer nichtreligiöser Menschen öffentlich respektiert wird. Z.B. haben die Interessenverbände der Konfessionsfreien selbst Sorge dafür zu tragen, dass bei Bedarf Sprecher und Sprecherinnen bei öffentlichen Gedenkfeiern im Zusammenhang mit Katastrophen (Eschede, Erfurt, Winnenden, Haiti u.a.) oder zu wiederkehrenden Anlässen (Volkstrauertag, „Totensonntag“) zur Verfügung stehen. Es ist aber eine anstehende politische Aufgabe, hier Änderungen in Richtung Gleichbehandlung aller – jeweils betroffenen – Religionen und Weltanschauungen sicher zustellen.[37]
Gerade der „Totensonntag“ zeigt einige der konzeptionellen Probleme, vor denen der organisierte Humanismus steht. Einige Verbände haben ihn als Termin unverkrampft angenommen und bieten hier eigene Feierstunden an, obwohl der „Ewigkeitssonntag“ eigentlich ein ausschließlich evangelischer Kirchenfeiertag ist. Andere Verbände veranstalten dagegen zum Totensonntag grundsätzlich nichts, führen aber am gleichen Tag oder an anderen Tagen „Jahresgedenken“ durch.
Die humanistischen Säkularen benötigen, um sich souveräner als bisher in der pluralen Gesellschaft bewegen zu können, der neuen Situation angemessene öffentliche Zeichen ihres Herkommens und Werdens. Dazu können auch die Erinnerungen an die eigenen Toten und die Orte ihrer Gräber gehören. Aber zum Erinnern benötigen die Menschen diese nicht zwingend. „Orte der Gräber“ brauchen hierzulande vor allem Christen und diejenigen Bevölkerungsgruppen, denen solche Erinnerungsorte zur Dokumentation adeliger oder bürgerlicher Stammbäume dienen, die organisierte „Bewegungen“ (z.B. die sozialistische) historisch ausweisen wollen oder die Ahnenkulte pflegen.
Friedhöfe als weltliche Kultureinrichtungen
Friedhöfe sind besondere kulturelle Orte. Szenen des Abschiednehmens können hier – am gleichen Ort, förmlich nebenan – sowohl „heilige“ als auch „profane“ Vorgänge sein.[38] Nicht nur deshalb sind Friedhöfe gerade aus humanistischer Sicht mehr als nur „letzte Ruhestätten“ bzw. „Beisetzungsplätze“.[39] Sie sind über ihre eigentlichen Bestimmungen hinaus öffentliche Kultureinrichtungen in einem mehrfachen Verständnis: Orte des Abschiednehmens, des Trauerns, des Gedenkens, der Erinnerung und Besinnung. Sie dienen der Erholung (Parkanlagen, Ruhepunkte …), der Gemeinschaftspflege und dem individuellen wie kollektiven Erfahren von Geschichte. Sie sind Orte der Feierkultur und in dieser Hinsicht zunehmend mehrkulturell, besonders durch die neuere Vielfalt der hier stattfindenden rituellen Handlungen.[40]
Friedhöfe präsentieren neuerdings umfängliche Selbstdarstellungen im Internet, veranstalten Führungen und Vorträge mit einem jährlichen Höhepunkt, dem Tag des Friedhofs[41], und – bedingt durch die Konkurrenz der Anbieter – finanzieren sie umfängliche Text‑, Ton‑, Bild- und Film-Werbung.[42] Zudem sind Friedhöfe mitunter selbst Kunstwerke oder Orte, wo solche zu besichtigen sind – von der Gruftgestaltung über Grabsteine bis zur Gartenkunst.[43]
Friedhöfe sind auch Geschäftsbetriebe, die nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit funktionieren. Sie müssen Einnahmen erzielen, Gebühren erheben und sich dem Wettbewerb regional wie auch national stellen. Städte und Gemeinden legen die Friedhofsgebühren und die Ruhezeiten selbst fest. Das erzeugt große regionale Unterschiede in den Kosten. All dies hat auch zu einem umfänglichen Friedhofs- und Bestattungsrecht geführt.[44]
Friedhöfe und das, was auf ihnen, um sie herum und auf sie bezogen geschieht, ihre Feierhallen, so weit vorhanden, die Blumengeschäfte davor und die Gaststätten nebenan, sind Marktplätze ganz eigener Art, die sich im Geflecht des Bestattungswesens neuerdings sogar eigene Leitbilder geben und sich von anderen Friedhöfen im Ort oder andernorts mit einem Alleinstellungsmerkmal herausheben wollen. In diesen Beziehungen handeln verschiedene Akteure als Eigner, Zulieferer, Redner, Verwalter, Aufsichthabende, Kunden und Vermittler.
Bestatter stehen den Angehörigen in einem Moment der Rat- und Hilflosigkeit zur Seite und müssen herausfinden, was diese für das Richtige im Umgang mit dem Tod halten und was sie tun können bzw. sogar müssen, weil es für unerlässlich gilt, würdig Abschied zu nehmen. Bestatter sind so etwas wie „kulturelle Dolmetscher“. Sie haben es – gemeinsam mit den Sprecherinnen und Sprechern – in der Hand, dass alle Beteiligten im Umfeld eines Todesfalls mit den gesetzlichen Abläufen richtig umgehen und alle Beteiligten nach einer Feier das Gefühl bekommen, dass würdig bestattet werde.
Zu dieser Übersetzertätigkeit gehört, dass sich alle Abläufe, aber besonders die Feierstunde, in einem Rahmen bewegen, der für die Anwesenden überschaubar ist, der sie in der Richtigkeit ihrer eigenen Ansichten und Handlungen bestätigt oder einfühlsam korrigiert und der ihren Erwartungen entspricht. Hierbei ist insbesondere das Alter der Besucher von Bedeutung, aber auch die besondere Familiensituation.
Wenn Teilnehmer an einer Trauerfeier in den Raum hineinkommen, müssen sie sich ohnehin erst einmal mit dem Fremden, dem Ungewohnten auseinandersetzen, das zur Trauer noch hinzukommt. Sie brauchen eine „Anlaufzeit“, bis sie überhaupt so richtig aufnahmefähig sind, und sie benötigen – je nach Ritual – Begleithilfen (z.B. wohin mit den Blumen?). Diese Situationen bedürfen einer zum Verstorbenen passenden Einleitung und einer angemessenen Hinführung der Gäste zur Person des Toten und zum Ablauf der Feier.
Angesichts des gegenwärtig stattfindenden Wertewandels definieren die Menschen auch in der Bestattungs- und Trauerkultur Würde selbst. Das erzeugt eine Situation, in der es allgemein verbindliche Werte zwar nicht mehr gibt, aber die Beliebigkeit des Wertverhaltens allgemein als negative Kulturtendenz gesehen wird. Auch eine weltliche Feier ist keine „beliebige“.
Dabei unterliegen diese Wertentscheidungen mehreren in sie eingreifenden Faktoren. Dazu gehören die zunehmende Multireligiosität und neue, unmittelbar mit Tod und Sterben zusammenhängende, jedoch zugleich davon relativ getrennte Diskurse, z.B. über Sterbehilfe und Organspenden.
Die multikulturelle und damit multireligiöse Bestattungskultur wird voran getrieben durch allgemeine Käuflichkeit nahezu jeden Rituals und dem Trend nach Authentizität und zugleich Variabilität der Trauerfeiern. Diese sollen sowohl die Wünsche des Verstorbenen und die Erwartungen der Gäste treffen als auch die Bestattung und ihr Davor und Danach als ein einmaliges Ereignis aus anderen herausheben. Steht dafür genügend Geld zur Verfügung, können Bestatter nahezu jeden Wunsch erfüllen, sei es der Stil von Heavy Metal oder die an hinduistischen Riten orientierte Kremation, die von (einigen) Zuschauern als offene Verbrennungsveranstaltung begleitet werden kann.
Neue Beisetzungs- und Bestattungsvarianten (Friedwälder, Seebestattung …) und neue Privatfriedhöfe deuten zudem auf Tendenzen, dass sich bestimmte Gruppen (z.B. extrem bei Fangemeinden) bis in den Tod hinein extra darstellen wollen (z.B. extrem: HSV-Friedhof).[45]
Kultur des Beileids
Die öffentliche Anteilnahme an Beileidsbekundungen und die Art und Weise, wie sie erfolgen sollten oder könnten ist gewachsen. Signal dafür ist das aktuelle Medieninteresse an eher unterhaltenden Beiträgen zum Thema, z.B. das Buch über unfreiwilligen Humor bei Todesanzeigen von Christian Sprang und Matthias Nöllke Aus die Maus.[46] In einem Interview mit der FAZ.NET verweist Sprang auf regionale Unterschiede wie auf gesellschaftliche Stimmungen: „Südlich des Mains hat man oft Anzeige mit Foto oder Bibelzitaten. Im Norden findet man vermehrt säkulare Ersatzformen wie Zitate aus dem ’Kleinen Prinzen’. Aber die richtig guten Anzeigen schießen überall aus dem Boden, wie seltene Pilze. Zum Beispiel Hassanzeigen.“[47] Man habe ihn gefragt, ob er nicht eine „Todesanzeigen-Beratungsstelle“ aufmachen wolle.
Die Historie wie die Gegenwart von Beileidsbekundungen – ihren mündlichen, postalischen, gedruckten usw. Ausdrucksformen – ist wenig untersucht. Damit bleibt ein wichtiger Teil der Bestattungskultur weitgehend unbekannt. Denn Beileidskarten und Traueranzeigen zwischen Todeseintritt und Bestattung würden kommunikative Strukturen und kommunizierte Wertvorstellung offen legen, denn – von den Sonderfällen abgesehen, die Sprang und Nöllke vorstellen – diese Kommunikation funktioniert nach Mustern, die gesellschaftlich bekannt, also reale Zeichen für Kultur sind. Es geht darin um normierte Botschaften und käufliche Symbole des Umgangs mit dem Tod. Das Anzeigen eines Todes per Karte, per Inserat in der Presse oder per Mail oder Internet ist oft auch eine religiöse oder weltanschauliche Botschaft. Da auf diesem Feld wegen der Auflösung traditioneller und regionaler Regeln ein hoher Informationsbedarf bei denjenigen besteht, die plötzlich betroffen sind, sind Ratgeber wichtige Hilfsmittel.[48]
Das Wort „Beileid“ selbst ist umgangssprachlich üblich, obwohl damit der unerfüllbare Wunsch ausgesprochen wird, als aufrichtiger Mensch zur Linderung des Leids anderer Personen etwas Hilfreiches beizutragen. Die Wortgeschichte enthüllt die kulturelle Funktion des Beileids. Das Wort entstand während des Dreißigjährigen Krieges und drückte angesichts der massenhaften Zufälligkeit der Opfer und der vielen (nun oft unversorgten) Waisen und Witwen Mitgefühl, Bedauern und Anteilnahme aus – auch die Ohnmacht, anderen nicht helfen und nur symbolisch beistehen zu können.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts, im Zusammenhang mit der Individualisierung des Todes, wurde das Beileid zu einer nahezu rituell zu vollziehenden Höflichkeitsform den Hinterbliebenen gegenüber, die unbedingt innerhalb bestimmter Regelkreise zu erbringen war. Heute wird das Wort meist im Sinne von „mit-trauern“ verwendet, obwohl öffentliche Trauerbekundungen, etwa durch Kleidung, unüblich geworden sind. Unsicher ist heute zudem, wer wem dieses Beileid auf jeden Fall, in welcher Form, in welchen Zeiträumen und mit welchen Beigaben auszusprechen hat.
Das Nachdenken über Ratschläge an Freunde und Bekannte könnte eine Kultur des Beileids befördern. Es stünde dem organisierten Humanismus gut zu Gesicht, wenn er für seine Anhängerschaft mehr Hilfen bei den Anstandsregeln bereit stellen würde, wie man jemandem Trauer anzeigt oder des Beileids versichert, eine Karte auswählt (ohne betende Hände), sich hinsetzt, einen Trauerbrief schreibt, mit Verweis auf eigene Trauererfahrungen oder sonstige Ratschläge, gar auf einen vorgedruckten Bogen zurückgreifen kann und gesagt bekommt, ob man Geld beilegt oder nicht, ob das eigene Beileid mit Karte und Text auffallen soll oder eben gerade nicht.
Anonymität als Zeichen
Die Tendenz hin zu anonymen, möglichst pflegeleichten Grab- bzw. Urnenstellen und zu Rasengräbern nimmt zu und erfasst zunehmend auch katholische Gegenden und Kleinstädte, in denen zwar noch immer die individuelle und kenntliche Grab- bzw. Urnenstelle dominiert, aber namenlose Ruhestätten und Reihengräber sichtbar zunehmen. Man spricht hinsichtlich der Anonymität von einer Verdoppelung in den letzten zwei Jahrzehnten und von einem Anteil von fünfzig Prozent in einigen Großstädten (jede fünfte Bestattung).
Als Gründe werden angeführt: Vereinsamung und verwandtenlose Verstorbene, überlastete oder auswärts wohnende Angehörige, Wegfall des Sterbegeldes, steigende Grabgebühren, Beerdigungs- und Instandhaltungs- sowie Pflegekosten, zunehmende Single-Haushalte u.a. Damit zusammen hängt auch das Anwachsen von Beisetzungen ohne Feier, gar das Versagen längerer letzter Worte am Grab selbst durch manche Friedhofsordnungen.
Für die Kommunen und Friedhofsträger folgen daraus zum einen unausgelastete Friedhöfe, mit noch teurer werdenden Bestattungskosten; und zum anderen zunehmende Freiflächen, für gewerbliche Nutzung ungeeignet und nicht umzuwidmen, die nicht gesichert werden können, was von eher harmlosen Joggern, aber auch „militanten“ Hundebesitzern weidlich ausgenutzt wird. Wenn die Tendenz zum Friedhofspark hinführt, muss dem über kurz oder lang nachgegeben werden. Mehr Konzepte dafür sind nötig.
Anonyme Bestattungen – von „Sammelbestattungen“ von Früh- und Totgeburten bzw. Massengräbern bei kriegerischen Ereignissen unbedingt zu unterscheiden – sind nicht nur Ausdruck von Armut, sondern durchaus auch von Selbstbestimmung, gerade bei gut Betuchten. Moralkritik (nicht nur von theologischer Seite) sollte unterbleiben, denn was zu beobachten ist, scheint auf das Ende des bürgerlichen Todes[49] hinzudeuten: Dass die Individualität mit dem Tod erlischt, wird in der anonymen Bestattung von den Hinterbliebenen kulturell vollzogen.[50]
Funktion von Ritualen
Weltliche Trauerfeiern dominieren inzwischen besonders in den Großstädten und vor allem in Ostdeutschland – auch wenn angesichts von Bestattungsszenen in Spiel- und Fernsehfilmen anderes assoziiert werden kann.[51]
Die Bestimmung „weltlich“ entstand im 19. Jahrhundert. Sie kommt seit dem in verschiedener Bedeutung vor. Das Wort war zunächst Teil des Streits zwischen den weltlichen Laien und den kirchlichen Priestern. „Weltlich“ wurde schließlich in den 1920er Jahren zu einem freidenkerischen Kampfbegriff („weltliche Schule“). Die Bezeichnung bekam hier sowohl die eindeutige zeitliche Dimension der Endlichkeit des Lebens als auch den klaren irdischen Bezug der Diesseitigkeit. Da jedoch dem Nichtglaubenden alles „weltlich“ ist, wird neuerdings das Wort „säkular“ genommen, wegen des Doppelbezugs von Säkularisation (aus dem Besitz der Kirchen nehmen) und Säkularisierung (Verweltlichung, die Moderne durchsetzen …).
Auf dem Gebiet Sterben und Tod besitzen die Spezialisten für konfessionsfreies Abschiednehmen vor allem deshalb einige Kompetenz, weil andere Anbieter nicht dezidiert dieses Element in der Bestattungskultur bearbeiten. Die eigene Praxis, insbesondere bei weltlichen Trauerfeiern[52], ist einzig in ihrer Art, weil sie bewusst nach dem Weltlichen sucht und diesbezüglich Erfahrungen produziert bzw. durch Experimente Neues hervorbringt.
Zur genaueren inhaltlichen Bestimmung des Weltlichen setzt sich durch entsprechende Praxis immer mehr die qualitative Bezeichnung „humanistisch“ durch, weil die Variationen des Weltlichen insgesamt zunehmen und es „gottlose Religionen“ gibt, die ihre eigene Feierkultur ebenfalls entfalten (bestimmte Varianten des modernen Buddhismus, konfuzianische Weltanschauungen, esoterische Religionen). Das führt zu einer Ausweitung der Ritualpraxis und verlangt eine nähere Wesensbestimmung dessen, was das Humanistische auszeichnet.
Neuere Forschungen haben einen modernen und weiten Ritualbegriff hervorgebracht, der die Inszenierung von Überhöhungen (Erhebung ins Feierliche und Erhabene) ausdrückt und die Funktion von Ritualen sowohl evolutionsgenetisch (Ritualisierungen schon im Tierreich) als auch besonders kulturell und sozial klarer bestimmt. Danach werden Rituale von Riten unterschieden und diese wieder von Ritualisierungen, Anstandsregeln, Zeremonien, Magien und Feiern der Bewältigung menschlicher Krisen und Dilemmata.[53]
Im aktuellen Verständnis sind Rituale symbolische Dramen. Sie nutzen dabei den Wunsch von Menschen, anderen im bloßen Menschsein nahe zu kommen. Rituale helfen dabei, den Sinn für das Gemeinsame zu fühlen, unabhängig von Beruf, Rang, Besitz und Privileg. Nach Martin Buber sind Rituale dialogische Beziehungen und „flutende“ Ich-Du-Beziehungen: „Gemeinschaft ist, wo Gemeinschaft geschieht.“[54] Rituale regeln diese Kommunikation bis hin zum Etablieren von Konventionen und Ordnungen.[55]
Die aktuelle Unsicherheit im Umgang mit dem Sterben und dem Tod bei Konfessionsfreien und deren durchaus verbesserungsfähige rituelle Begleitung lässt eine dringende Aufgabe aufscheinen, die inhaltliche Präzisierung, was eine „Humanistische Trauerfeier“ auszeichnet. Ihre Hauptregeln scheinen zu sein, dass sie gerade nicht nach starren Richtlinien abläuft, sondern sich ganz auf die verstorbene Person ausrichtet, passend zu deren einmaligem, nun endgültig beendetem Leben. Deshalb ist auch die offene Inszenierung durchaus die normale, ob mit oder ohne Rede, ob Erd- oder Feuerbestattung, im Wahlgrab oder unter der Wiese. Im Mittelpunkt stehen die vorhandenen oder vermuteten Wünsche des Verstorbenen in Kommunikation mit den Bedürfnissen derer, denen hinsichtlich der Zeremonie das Sagen zukommt.
Da in einer Trauerfeier oftmals die verschiedensten Konfessionen zusammen kommen und alle Gäste unterschiedliche Erwartungen an eine Abschiednahme haben, wird inzwischen meist eine gewisse Zeit zur Verfügung gestellt, dass sich jeder Gast auf seine Art und Weise verabschieden kann. Hier ist es durchaus möglich, für sich im Stillen ein Gebet zu sprechen.
Ausgeschlossen sind aber in humanistischen Feiern christliche und andere religiöse Symbole, mit Ausnahme des Kreuzes, das nicht nur in kirchlichen Kapellen, sondern auch in fast jeder städtischen Feierhalle unübersehbar hängt bzw. steht. Nicht vorgesehen sind außerdem laut gesprochene Gebete bzw. das Singen religiöser Lieder, Aussegnungen usw. Weltlichkeit soll dominieren, da nach dem humanistischen Selbstverständnis der Tod als natürliches Ende des Lebens angesehen wird und kein Weiterleben im Jenseits angenommen wird.
Die Weltlichkeit der Konzeption schließt ein, dass es adäquate Möglichkeiten gibt, Trost zu geben – Ermutigungen auszusprechen – bzw. Trost zu finden durch Worte und Zeichen, die das Verlustgefühl und die Traurigkeit des Alleingelassenseins mildern helfen durch positive Erinnerungen an den verstorbenen Menschen, dass es ihn oder sie gab, dass man mit ihm Zeit verbrachte, von ihm lernte, dass eine Spur von ihm oder ihr zurückbleibt und sogar weiter gegeben werden kann. Die Veranstaltung selbst ist eine Verabschiedungsfeier und hat mehrere Adressaten: die Hinterbliebenen, Freunde und Trauergäste. Der oder die Tote ist tot. Die Anwesenden entlassen ihn oder sie förmlich aus der Gemeinschaft. Hoffnungen gegenüber höheren Mächten oder auf ein Wiedersehen kommen nicht vor. Auferstehung ist ausgeschlossen.
Weltliche Bestattungsfeier
Eine Feier dauert gewöhnlich dreißig Minuten. Alle Beteiligten haben größeren Aufwand betrieben, so dass diese Mindestzeit den Aufwand rechtfertigt und dokumentiert. Besondere Sorgfalt gilt den künstlerischen Stilelementen in der Feier. Musik (in der Regel drei Musikstücke) bringt Emotionen zum Ausdruck und spricht diese auch beim Zuhörer an. Sie hilft, Spannungen zu lösen, überbrückt Wortlosigkeit und stiftet Atmosphäre. In der Regel wird die Lieblingsmusik des / der Verstorbenen gewählt. Moderne Abspieltechnik hat die Möglichkeiten vergrößert. Die einzelnen Musikstücke sollten zusammenpassen (in den Erwartungen derer, die sie ausgewählt haben). Aktiv am Abschiedszeremoniell mitzuwirken ist aber ein wichtiger Aspekt der Trauerarbeit, ohne eigene Ideen aufzudrängen.
Lyrik, Fotos, Blumen, Kerzen gehören zu den wichtigsten Zeichen für eine gemeinsame rituelle Handlung. Plastiken, Bilder oder auch Glasarbeiten können einem Trauerfeierort Harmonie geben. Die Ausgestaltung trägt dazu bei, in kürzester Zeit „das Wesen“ eines Menschen zu erfassen, mit dem man nicht mehr reden kann – von dem vielleicht ein gutes Foto sichtbar hängt, im schlechten Fall lieber gar keins.
Die Trauerrede ist das zentrale Element der Feier. Durch sie wird die Einmaligkeit, das Besondere des gelebten Lebens verdeutlicht bzw. hervorgehoben. Dies geschieht bewusst im Gegensatz zur kirchlichen Liturgie, in der an die Leiden von Christus erinnert wird – auch wenn dessen Tod den Gläubigen durch das Bild der Auferstehung eigentlich die Todüberwindung und die Hoffnung auf neues Leben ausdrücken soll (Ostern als Frühlingsfest nach dem Erdulden des Winters; Passion nach lat. passio, das Leiden). Es wird Wert darauf gelegt, dass die Rede sehr persönlich, einfühlsam und vor allem ehrlich ist. Die verstorbene Person muss erkennbar und nicht verzeichnet oder gar karikiert sein. Dabei wird auch Negatives nicht ausgespart, wobei es hier auf die Formulierung ankommt, denn auch Hinterbliebene müssen sich im Gesagten wieder finden.
Deshalb werden in der Trauerrede typische Begebenheiten und besondere Erlebnisse zum Gegenstand gemacht, auch um der Gefahr zu entgehen, langweilig an biografischen Daten zu hängen. Das gelingt nur, wenn der Trauerredner / die Trauerrednerin die Rede auf der Grundlage eines intensiven Vorgesprächs per Hausbesuch verfasst und möglichst mit mehreren Angehörigen besprochen hat. Ergebnis dieser Gespräche kann auch sein, dass Hinterbliebene oder Freunde den Wunsch äußern, die Rede selbst zu halten oder einen anderen eigenen Beitrag zu leisten, zu musizieren oder ein Gedicht vorzutragen. Die Trauerversammlung kann durch einen Programmzettel auf den Ablauf vorbereitet werden.
Eben weil im Konzept humanistischer Bestattungskultur die Trauerrede ein zentrales Element ist, sollte der HVD Sprecherinnen und Sprecher für weltliche Trauerfeiern weiter- und gegebenenfalls (z.B. in seinen Akademien) ausbilden, dabei eine Zertifizierung einführen und ein Qualitäts- / Gütesiegel „Humanistischer Trauersprecher / Trauersprecherin“ vergeben, um der zunehmenden Nachfrage gerecht zu werden und seine Sprecher aus der Grauzone freischaffender Trauerredner herauszuheben.
Solche Aus- und Weiterbildungen werden zweifellos auch die Suche nach neuen Ritualen befördern. In dem ARD-Film Glauben ohne Gott[56] wird gezeigt, wie mit einem Sarg und einem Tuch experimentiert wird und wie längere Abschiednahme beim Tod eines Lebenspartners zu Hause möglich sein könnte. Man hört im Film Angestellte des Berliner HVD sagen, nach dem Tod käme das „Nichts“, wie eben vor der Geburt. Man intendiert, dass es wohl auf ein sinnvolles Leben ankommt. Dann folgen Malübungen (die der Filmtext „mystisch“ überhöht) und es wird ziemlich unreflektiert von „Mandala“ gesprochen.[57] Ähnliches geschieht im Zusammenhang mit einer verwendeten Klangschale.
Jedenfalls bemühen sich Menschen unter Hereinnahme ihnen bekannt gewordener Kulturtechniken eine Art humanistisches Ritual zu erfinden. Diese Szene hat einigen Streit ausgelöst über Rituale allgemein und das Vorgeführte ganz besonders. Dieser ist an konkreten Beispielen weiter zu führen, denn es ist ratsam, Menschen auf ihrer Suche nach neuen Ritualen zu begleiten, Ideen und Experimente zu unterstützen, so seltsam sie zunächst erscheinen mögen.
Wenig untersucht ist das sehr weltliche Phänomen „Leichenschmaus“, das sich an nahezu jede Trauerfeier anschließt, in unserer Kultur bis in die Antike zurückreicht und religionsunabhängig das Weiterleben der Gemeinschaft mit gemeinsamem Essen und Trinken begeht. Gaststätten in Friedhofsnähe heißen deshalb oft im Volksmund „Leichenkaffee“, weil sie die Orte sind, an denen das Kaffeetrinken der Trauergäste stattfindet (Beerdigungskaffee, Leidessen, Trauerbrot, Leichentrunk usw.).
Der Tod, so die gemeinsam bekundete und empfundene Erkenntnis, ist eine Station des irdischen Lebens. Im Totengedenken und in einem zwanglosen Rahmen werden Geschichten rund um den Toten erzählt, um die unmittelbaren Erinnerungen an das Sterbeereignis und den Toten zu verdrängen. Entweder bereits hier, wenn sich einige formelle Gäste verabschiedet haben, nachdem sie Gelegenheit zur Kondolenz bekamen, oder an einem dritten Ort im engeren Kreis wird dann mitunter ausgiebig und heiter gefeiert.[58] Oft schlägt die Stimmung völlig um. Deshalb gab es historisch immer wieder Bestrebungen, diesen Teil der Trauerkultur zu reglementieren oder ganz zu beseitigen.
Künftiges weltliches Bestatten und weltliches Trauern wird Formen haben, die jetzt angelegt sind. Wenn sie sich nicht entwickeln, werden die Menschen auf alte Muster zurückgreifen und auf die mit ihnen verbundene Religiosität. Auch Humanisten suchen nach Ritualen, die ihnen und anderen Menschen helfen, sich in existenziellen Situationen zurechtzufinden. Der Humanismus wird auch hier den Menschen etwas geben – oder er wird nicht erfolgreich sein.
Freigabe des Friedhofzwangs für Urnen
Aktuelle Vorgänge im Bestattungswesen werfen alte Fragen neu auf, z.B. das juristische und zugleich ganz praktische Problem nach dem Status der menschlichen Asche.[59] Der 1934 eingeführte und bis heute geltende Friedhofszwang für Urnen (Reichsgesetz über Feuerbestattungen[60]) macht diese Eigentums- und Kulturfrage zu einem aktuellen und politischen Thema, gerade angesichts einer Tendenz zur Individualisierung und Selbstbestimmung. Die Frage nach dem Status der Asche und die nach dem Friedhofszwang, verbunden mit der nach der Zukunft der Friedhöfe und neueren Tendenzen im Bau von Kolumbarien, zeigt eine neue Konstellation der Anbieter.[61]
Die katholische Kirche, über ein Jahrhundert Gegner der Feuerbestattung, machte dieses Feld – historisch gesehen – zu einem der Freidenkerei. Nun betreiben katholische Kirchen selbst Kolumbarien, z.B. in Thüringen, konkret in der Erfurter „Allerheiligenkirche“ und sogar im Rheinland, in der „Grabkirche“ St. Michael in Mariahof (Trier), neue Bestattungsgesetze nutzend, in der Kirche, also nicht auf einem Friedhof.[62] Der Friedhofszwang wird damit umgangen.
Die Freigabe des Friedhofszwangs für Urnen sollte von den Konfessionsfreienverbänden gefordert werden nach dem Prinzip der Selbstbestimmung sowie einer allgemein festgesetzten Aufbewahrungsfrist. Die Freigabe würde immer dann gestattet sein, wenn ein lebender Mensch, der z.B. eine Patientenverfügung verfasst hat, auch hierzu eine „Verfügungsbefugnis“ in zweierlei Hinsicht erteilt: Ort der Aufbewahrung und Möglichkeit des Zugangs Dritter, um Trauer zu üben.
Friedhofsökologie
Gewöhnlich wird unter Friedhofsökologie lediglich der Verzicht auf Bodenversiegelung, Herbizide, Kunststoffkränze oder Plastikblumen verstanden. Tatsächlich ist hier aber ein Umdenken im Gange und die Verwendung von Pflanzenschutz- oder Unkrautvertilgungsmitteln ist nicht gestattet. Das Bestreuen der Grabfläche oder der Grabränder mit Sand, Kies oder ähnlichen Materialien wird immer mehr untersagt und Salz kommt immer weniger als Winterstreumittel oder als Unkrautbekämpfungsmittel zum Einsatz.[63]
Unter dieses Thema fällt die Haltung zu Grabbeigaben. Neuerdings nehmen Wünsche zu, den toten Familienangehörigen Grabbeigaben mit in den Sarg bzw. in den Verbrennungsofen zu geben, häufig bei verstorbenen Kleinkindern. Dabei geht es meist um typische Gebrauchs- bzw. Spielgegenstände der Verstorbenen, die er oder sie zu Lebzeiten benutzte. Es häufen sich auch Bitten, speziell für die Bestattung gefertigte oder zu Lebzeiten gern benutzte Dinge (Bilder, Kissen, Fotos, Alltagsutensilien, Totenschmuck, Hemden, Keramik, Kunstgegenstände, Turnschuhe, Briefe, PC-Sticks …) beizugeben. Immer mehr werden diese Erwartungen mit dem Verlangen verbunden, die Beigabe rituell zu vollziehen.
Historisch gesehen haben nahezu alle Kulturen aus verschiedenen religiösen oder weltlichen Motiven heraus solches Verhalten geduldet, gefördert oder gar verlangt (Totenmünze) und die Kirchen haben heidnische Verhaltensweisen christlich überformt und neu gedeutet. In der Archäologie liefern solche Grabbeigaben unersetzbare Hinweise auf die zeitliche und kulturelle Zuordnung von Funden aus der fernen Vergangenheit. Sie geben Auskunft über damalige Kultur.
Der aktuelle Trend bedarf der Deutung. Es scheint der neu aufkommende Wunsch nach Beigaben auf die fortschreitende Säkularisierung des Bestattungswesens hinzudeuten. Es geht den Spendern der Beigaben weniger um Geschenke oder Gebrauchsgegenstände für das Jenseits oder um „Wegzehrungen“ für den Weg dorthin, sondern um bewusste psychologische Entlastung der Hinterbliebenen in ihrem Diesseits.
Humanisten sollten auch hier nach dem Prinzip der Selbstbestimmung Raum zur Entfaltung geben. Kriterien, solche Wünsche zu versagen, können nur mit den Bestattern, Friedhofseignern und Umweltbehörden entwickelt werden. Sie sind nicht kulturell begründbar, sondern gehorchen allein den Kriterien rascher Verrottung und umweltgerechter Verbrennung.
Der ökologisch kritische Blick entdeckt überhaupt zunehmend das Bestattungswesen. Eisensärge gibt es heute fast gar nicht mehr. Holzsärge sind üblich. Diese haben meist Kunststoffinnenteile, die zusammen mit den chemischen Klebern unter die Erde gelangen. Pappsärge sind dagegen schnell biologisch abgebaut – was auch den Zersetzungsprozess des Leichnams beschleunigt.[64] Die Probleme sind grundsätzlicher und dies nicht nur wegen der Schwermetalle, die im menschlichen Körper eingelagert sind. Nachhaltigkeit ist auch im Bestattungswesen nötig und Friedhofsträger sind gesetzlich zu veranlassen, ökologische Prüfungen des Bodens in Trinkwassereinzugsgebieten vorzunehmen. Im Falle von Verunreinigungsmöglichkeiten sollten betroffene Friedhöfe rasch geschlossen werden.
Die medikamentöse Kontamination von Leichnamen vor ihrer Erdbestattung ist ernster zu nehmen und es sind Grenzwerte zu bestimmen.[65] Was für Krankentransporte gilt, nämlich die gründliche Reinigung des Fahrzeuginneren nach dem Versterben eines Patienten im Wagen, sollte adäquate Überlegungen bei Erdbestattungen auslösen. Auch aus diesen gesundheitlichen und ökologischen Gründen sollte die Feuerbestattung steuerlich stärker gegenüber der Erdbestattung gefördert werden. Vielleicht sollte der Mehrwertsteuersatz bei diesen Bestattungen gesenkt werden.
Einbalsamierungen des Leichnams sollten, so weit dies in der herkömmlichen Art geschieht, bei Erdbestattungen verboten werden. Es wird gewöhnlich Formaldehyd verwendet, das in Venen und Arterien sowie in den Bauch- und Brustraum des Leichnams eingeleitet wird. Der krebserregende Stoff kann so auch ins Grundwasser gelangen. Zugleich ist die Emission von Umweltgiften durch Kremation (Technik und Plaste im Menschen) zu reduzieren: Zahnfüllungen aus Amalgam, Medikamentenreste, Schädelplatten, Herzschrittmacher, Hüft- und Kniegelenke, Silikonbrüste, Nägel, Arthrose-Gelees, Schrauben, Drähte, Leichentuche …).
Als Mittelweg und Abhilfe gegen die negativen ökologischen Folgen der Verbrennung wie der Erdbestattung wird gegenwärtig die aus Schweden importierte neue Methode der körperlichen Dekomposition empfohlen, das „Schockfrieren“ („Gefriertrocknen“) bzw. die „Promierung“.[66] Abgesehen von den Energiekosten und dem hohen technischen Aufwand löst diese Methode wohl nicht die genannten Probleme.
Neue Symbole
Steinerne Kreuze am Wegesrand finden sich überall, besonders in katholischen Gegenden. Einige von ihnen erinnern an Unfälle, die sich teils vor vielen Jahrzehnten abspielten. Unfallkreuze am Straßenrand sind eine neue Form der Trauer von Hinterbliebenen und teils völlig fremden Menschen, die auf den Ort des Geschehens hinweisen wollen. Manchmal gibt es kleine Feiern, oft sind sie lokales öffentliches Ereignis. Jährlich sterben in Deutschland fast 6.000 Menschen im Straßenverkehr. Viele von ihnen waren noch jung und eine Mehrheit von ihnen am Geschehen schuldlos.
Die meist roh gezimmerten Kreuze oder sonst hergerichteten Zeichen sind mehrdeutige und mehrfunktionale Gedenksymbole. Sie berichten von plötzlichem Tod, zeigen auf Sterbeorte, erzählen von Schock und Verzweiflung, aber auch davon, dass anderen dieses Schicksal erspart bleiben möge. Unfallkreuze wirken wie Warnhinweise. Sie ähneln jenen bescheidenen Kriegerdenkmälern, die an Schlachtorten stehen und von Beteiligten oder Beobachtern nach dem Ereignis errichtet wurden. Sie zeigen auf die Begebenheit, ohne Heldenlegenden zu pflegen.
Auch wenn wohl mehrheitlich Kreuze aufgestellt werden, ist die Erinnerungskultur hier keinesfalls eine eindeutig christliche.[67] Ausnahmen gibt es in katholischen Regionen durch die dort sowieso oft vorkommenden Holzkreuze mit einem kleinen Dach aus Brettern, unter denen sich Kruzifixe und Kerzen finden.
Meist sind die Weg- und Straßenrandzeichen aus vergänglichen Materialien (Holzlatten, Baumäste, teilweise lackiert oder grob lasiert). Manchmal werden Findlinge herangeschleppt oder Metallkonstrukte aufgestellt. Neben den Kreuzen finden sich Blumenablagen, Spielzeug, Zigarettenschachteln, Helme, Kunstblumen, elektronische Abspielgeräte in voller Funktion, Teile des Unfallfahrzeuges, Kerzen, Briefe, Datumsangaben, Fotos, teilweise Plakate oder ganze Anschlagbretter und andere Gegenstände von hoher subjektiver Zeichenkraft. Meist handelt es sich um laienhaft hergerichtete und vergängliche Mahnmale, die nach einiger (relativ kurzer) Zeit meist wieder von den Aufstellern oder den Ordnungsämtern entfernt werden.
Da in unserer Kultur in der Regel Sterbe‑, Bestattungs- und Trauerort nicht mehr identisch sind und die meisten Menschen in Krankenhäusern oder Altenheimen sterben, fallen Hinweise in öffentlichen Räumen auf Todesereignisse besonders auf. Sie zeigen, dass wohl gerade wegen der hohen Individualisierung und Mobilität nach Orten des Verweilens und Nachdenkens über die eigene Endlichkeit gesucht wird.
Es wären Diskurse zu befördern, wie mit den von den Menschen selbst (ohne Hilfe von Bestattern, Organisationen, Kirchen usw.) errichteten Denkmälern öffentlich umzugehen ist. Man kann nicht zum einen die Verdrängung des Todes aus dem Leben der Lebenden beklagen und zum anderen peinlich darauf achten, dass Symbole des Sterbens und des Todes, die geltenden Ordnungsprinzipien und tradierten Mustern des Totengedenkens widersprechen, schnell und gründlich entsorgt werden. Fehlende Pluralität der Trauerzeichen und Dominanz christlicher Zeichen wird besonders dort sichtbar, wo mehrere, einander fremde Personen zu Tode kamen (Zusammenstöße, Busunglücke) und Behörden für öffentliche Erinnerung sorgen.
Kulturethische Standards
Der rechtliche Platz der Friedhöfe ist in entsprechenden Landesgesetzen, regionalen Verfügungen und eigenen Satzungen festgelegt. Von allen Trägerschaften sollten die Interessenvertretungen von Konfessionsfreien nicht nur die öffentlich-rechtlichen, sondern auch alle diejenigen privaten (auch eigenen) favorisieren, die eine öffentliche Nutzung und bestimmte kulturethische Standards garantieren, aber Profitorientierung ausschließen. Über diese Garantien gibt es derzeit eine rege Debatte (etwa „Kulturwächter“ versus „Dienstleister“[68]), besonders im Zusammenhang mit der sozialen Teilung in Arme und Reiche.
Die Träger der Sozialhilfe übernehmen bei vorliegenden Voraussetzungen, die das Sozialgesetzbuch regelt, die Kosten der Bestattung. Die Erstattung an diejenigen, die in Vorleistung getreten sind, erfolgt wegen der umfangreichen Prüfungen immer erst nach der Beisetzung. So lange ein Antrag von der Sozialbehörde geprüft wird, entstehen durch die Zwischenlagerung der Verstorbenen ziemlich hohe Zusatzkosten.
Die Zahl der Menschen, die mit einem Ordnungsamts- bzw. Sozialbegräbnis bestattet werden, steigt. Mit dieser Bestattungspraxis verlängert sich die Zeit zwischen Tod und Begräbnis. In den meisten Fällen sind es Single-Haushalte sehr alter Menschen, aber auch unklare oder zerrüttete Familienverhältnisse und ungenügend Kenntnisse über Verwandte des Verstorbenen bei Pflegefällen und in Krankenhäusern. Zunehmend („Hartz IV“) sind Eheleute, Verwandte ersten Grades sowie Lebenspartner oder Verwandte nicht selbst in der Lage, die Kosten zu übernehmen. Sie beantragen Sozialbestattung nach § 74 SGB XII.[69] Allein das Land Berlin gibt für Sozialbestattungen inzwischen „rund drei Millionen Euro aus, damit Angehörige ihre Toten würdig unter die Erde bringen können.“[70]
Humanistinnen und Humanisten sollten dafür eintreten, Einkommensschwachen, gerade nach dem Wegfall des Sterbegeldes, Bestattungen in ortsüblicher Qualität, unter Beachtung des letzten Willens des Verstorbenen und der finanziellen Rahmenbedingungen der gesetzlich für die Bestattung Zuständigen zu sichern. Vielleicht wäre auch die Debatte um bundesweite Mindeststandards zu befördern.[71]
Jedenfalls können die Grundsätze für eine würdige Bestattung des Bundesverbandes Deutscher Bestatter vom 27. Oktober 2008 prinzipiell unterstützt werden.[72] Viel spricht dafür, zügig vor Ort Vereinbarungen durch die Kommunen mit den Bestattern, Sozialverbänden, Krankenhäusern, Seniorenheimen, Hospizen und Organisationen (z.B. Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften) hinsichtlich der Kriterien für Grundleistungen und deren Umsetzung herbeizuführen. Wie auch auf anderen übergreifenden Politik- und Verwaltungsfelder üblich, bieten sich analog Arbeitsgruppen für würdige Bestattung an.
Der organisierte Humanismus sollte auch hier seine Vorstellungen einbringen und besonders hinsichtlich der „Sozialbestattungen“ seine Forderungen präzisieren, v.a. dahingehend, dass die gleiche Würde der Menschen auch nach deren Tod dem Leichnam gegenüber fortbesteht und für eine entsprechende Bestattung gesellschaftlich zu sorgen ist. Der HVD könnte dafür eintreten, hinsichtlich der Totenfeier nicht nur ein kulturelles Minimum zu sichern, sondern die (wirkliche bzw. begründet vermutete) religiöse bzw. weltanschauliche Orientierung der Verstorbenen zu achten und dort, wo dies Sozialbegräbnisse bisher nicht vorsehen, Mindeststandards zu sichern (Redner, Organist, Blumenschmuck).
Diskurse über humanistische Bestattungskultur
Humanistisch sind Bestattungskulturen, so könnte das Ergebnis des vorliegenden Textes lauten, in denen der Umgang mit dem Tod und mit Toten nach den Prinzipen der Individualität, Selbstbestimmung, Weltlichkeit, Toleranz, Solidarität und Barmherzigkeit erfolgt und zwei weltanschauliche Grundannahmen beachtet werden: erstens, dass alle Menschen als Menschen gleich sind beim Tod und als Tote; und zweitens, dass die Erklärung des Todes und der Trauer keiner Berufung auf einen Gott oder auf transzendentale Axiome bedarf.
In näherer Zukunft wäre zu klären, was „Barmherzigkeit“ im Bestattungswesen allgemein und für Säkulare besonders bedeutet. Die Idee der „Barmherzigkeit“ allen Menschen gegenüber, so der Antikeforscher Hubert Cancik, gab es bereits vor dem Christentum und ist neben „Menschenwürde“ und „Bildung“ eine der Kernbedeutungen von „humanitas“, woraus sich das Wort Humanismus ableitet.[73] Und wie Kaiser Konstantin das Christentum als Staatsreligion vor allem wegen der Sozialhilfestrukturen benötigte, die die frühen Christen bei den Juden abgeschaut hatten, was beides oft übersehen wird, kommt auch der aktuelle organisierte Humanismus nur voran, wenn er den Menschen praktisch nützt – auch in der Bestattungskultur.
Quelle Text: Humanistische Bestattungskultur. Ein Annäherungsversuch. In: Humanistische Bestattungskultur, hrsg. von Horst Groschopp, Aschaffenburg: Alibri Verlag 2010, S. 139–176 (Schriftenreihe der Humanistischen Akademie Deutschland, Bd. 2)
- Der hier gedruckte Text hatte zwei Vorpublikationen auf der Homepage des HVD. Der im Dezember 2008 vorgelegte erste Entwurf wurde Anfang März 2009 überarbeitet. Nach zahlreichen Hinweisen ist dies nun die dritte Fassung. Der Autor bedankt sich besonders bei Regina Malskies, Jürgen Springfeld und Jürgen Steinecke für kollegiale Kritik und die Zusendung nun hier genutzter Passagen zur Praxis humanistischer Bestattungskultur. ↑
- Vgl. die entsprechenden Angaben bei FOWID.↑
- Vgl. Ebenda. ↑
- Detlef Pollack u. Olaf Müller: Grenzen der Pluralisierung: Wie die Deutschen über die „neue religiöse Vielfalt“ denken (zit. nach Vorabdruck, S. 5). Erscheint in: Detlef Pollack: Rückkehr des Religiösen? Studien zum religiösen Wandel in Deutschland und Europa II. Tübingen 2009. ↑
- Der Theologe Eberhard Tiefensee spricht von einem „Supergau der Kirchen“ und von einer „dritten Konfession“. – Vgl. Ders.: „Religiös unmusikalisch“? – Ostdeutsche Mentalität zwischen Agnostizismus und flottierender Religiosität. In: Wiedervereinigte Seelsorge. Die Herausforderung der katholischen Kirche in Deutschland. Hg. von Joachim Wanke. Leipzig 2000, S.24–53. ↑
- Zwischen 1991 und 2003 sind zwei Millionen Menschen nach Westdeutschland umgesiedelt. Da dies v.a. junge Menschen waren, wird der Anteil von Gläubigen sehr gering gewesen sein. ↑
- Humanisten haben kein Credo („Ich glaube“), kein Bekenntnis, wie es Religionen eigen ist und sich in deren Liturgien spiegelt. Auch deshalb sind andere Begriffe zu finden. Deren inhaltlicher Kern spiegelt ich dann aber durchaus in Ritualen, wie noch gezeigt wird. ↑
- Humanismus ist in diesem Verständnis die Lehre, „eine unvollendete Weltanschauung zu ertragen“. – Vgl. Ernst Mach: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. Leipzig 1883, S. 479. ↑
- Das Christentum dagegen versteht den Tod und das Abschiednehmen von der Auferstehung her. Vgl. Christliche Bestattungskultur. Orientierungshilfe der Pastoralkommission und der Liturgiekommission der Deutschen Bischofskonferenz zu Fragen der gegenwärtigen Bestattungskultur. In: Die Tagespost vom 6.3.2004. ↑
- Eine sehr konservative Sicht findet sich bei Adolph Bohlen: Moderner Humanismus. Heidelberg 1957. ↑
- Die großen säkularen Verbände heißen „humanistische Föderation“ (für Europa) und „humanistische Union“ (Weltverband). ↑
- Vgl. Sem Dresden: Humanismus und Renaissance. München 1967. ↑
- „Gottlosigkeit“ ist eine atheistische Position, die auch Anhänger „gottloser Religionen“ vertreten können. Atheismus ist nicht unbedingt a‑religiös. In ihm sind auch antihumanistische, z.B. völkische und rassistische Ansichten vorhanden. ↑
- Thomas Zimmermanns: Christliches und humanistisches Menschenbild. Ein Vergleich. Bonn 1994, S.12. – Beim Autor ist nicht von „anthropozentristisch“ die Rede, was etwas anderes wäre. ↑
- Eine moderne Sicht darauf aus dem aktuellen organisierten Humanismus vgl. Frieder Otto Wolf: Humanismus und Philosophie vor der westeuropäischen Neuzeit. Berlin 2003. – Ders.: Humanismus für das 21. Jahrhundert. Berlin 2008 (Zur Theorie und Praxis des Humanismus, Hg. vom HVD Berlin). – Beide Publikationen stehen in scharfem Kontrast zum „Dritten Humanismus“. Vgl. Humanismus. Hg. von Hans Oppermann. Darmstadt 1970. ↑
- Vgl. Humanistik. Humanismus als Studienfach. Hg. i.A. Humanistischen Akademie Berlin. Berlin 2004, Jg. 8, H. 15 (= humanismus aktuell, Zeitschrift für Kultur und Weltanschauung; im Folgenden abgekürzt ha). – Horst Groschopp: Humanistik. In: diesseits, Zeitschrift des Humanistischen Verbandes, Berlin 2010, 24. Jg., Nr. 90, S. 24f. ↑
- Heiner Roetz: Konfuzianischer Humanismus. In: Interkultureller Humanismus, hg. von Jörn Rüsen u. Henner Laass. Schwalbach / Ts. 2009, S.114 ↑
- Vgl. Guiseppe Toffanin: Geschichte des Humanismus. Wormerveer 1941. ↑
- Vgl. Christine Mertesdorf: Weltanschauungsgemeinschaften. Eine verfassungsrechtliche Betrachtung mit Darstellung einzelner Gemeinschaften. Frankfurt a.M. 2008. ↑
- Norbert Fischer: Neue Formen von Abschied und Trauer. Über den Wandel der Erinnerungskultur in der Gegenwart. In: Trauerprozesse. Gibt es eine neue Kultur des Abschiednehmens? Hg. von Ingrid von Hänisch u. Evelyne Hohmann. Berlin 2008, S. 18. ↑
- Vgl. Alexander und Margarete Mitscherlich: Die Unfähigkeit zu trauern. Grundlagen kollektiven Verhaltens. Neuausgabe. München 2007. ↑
- Axel Michaels: Den Tod in die Hand nehmen. Todesbewältigung im Hinduismus. In: Tod und Ritual. Interkulturelle Perspektiven zwischen Tradition und Moderne. Hg. von Birgit Heller u. Franz Winter. Wien 2009, S. 87. ↑
- Vgl. Norbert Fischer: Geschichte des Todes in der Neuzeit. Erfurt 2001. ↑
- Inwiefern hier eine späte Renaissance antiker Bestattungskultur vorliegt, wäre zu klären, denn vor der Moderne gab es bereits in der Antike eine voll ausgebildete Individualisierung des Begräbnisses mit Einzelgrab, Namen und auch Bild, wie der Beitrag von Hubert Cancik in diesem Band zeigt. ↑
- Vgl. „Kein Jenseits ist, kein Aufersteh’n“. Freireligiöse in der Berliner Kulturgeschichte. Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Prenzlauer Berg Museum Berlin vom 7. Juli 1998 bis 31. Januar 1999. Berlin 1998. – Horst Groschopp: Dissidenten. Freidenkerei und Kultur in Deutschland. Berlin 1997. ↑
- Michael Nüchtern: Bestattungskultur in Bewegung. In: Ders. u. Stefan Schütze, Bestattungskultur im Wandel, Berlin 2008, S. 9 (EZW-Texte, 200). ↑
- „So wie der Mensch gelebt hat, stirbt er“. In: diesseits, Zeitschrift für Humanismus und Aufklärung, Berlin 1996, 10. Jg., H. 36, S. 8. ↑
- Von Rabbi Akiba (ben Josef, 50–135 u.Z.) stammt eine der ältesten (hier jüdischen) Definition des modernen, weil rein menschlich begründeten Begriffs der Totenehre. – Vgl. Klaus Beyer: Die aramäischen Texte vom Toten Meer, samt den Inschriften aus Palästina … Göttingen 1984, S. 361: „Erweise (den Toten Ehre), damit man (sie auch) dir erweise! Geleite (die Toten), damit man (auch) dich geleite! Halte Totenklage, damit man (auch) dich beklage! Begrabe (andere), damit man (auch) dich begrabe!“ – Hubert Cancik belegt in seinem Text in diesem Band, dass bereits vor Akiba das Bestatten allgemeine Menschenpflicht, ein ungeschriebenes, aber geltendes Gesetz gewesen sei, sogar stärker gegolten habe als der Befehl des Herrschers. ↑
- Das „Mephisto-Urteil“ gilt hier als Schlüsselentscheidung, Sie richtete sich gegen den Verlag, der den „Mephisto“-Roman von Klaus Mann herausgab, der die Würde des verstorbenen von Gustaf Gründgens laut Richterspruch des Bundesverfassungsgerichts vom 24. Februar 1971 (BVerfGE 30, S. 173) verletzte. Das Gericht betonte, dass Kunstfreiheit nicht über dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht steht. ↑
- Vgl. den Beitrag von Hartmut Kreß in diesem Band. ↑
- Tiere besitzen außerhalb von (einigen) Religionen nur Schutz, keine Ehre. Ihr toter Körper ist keine Leiche, sondern ein Kadaver. Tote Tiere sind potenzielle, seuchengefährliche Gegenstände und ihre Bestattung ist veterinärmedizinisch und ordnungsamtlich, aber regional verschieden geregelt. Da Besitzer von Tieren aber mit diesen in aller Regel Mitleid und zu ihnen ein besonderes Verhältnis haben, konnte sich hier ein besonderes Gewerbe ausbilden, das der Tierbestattung. Das bedarf einer besonderen Betrachtung, treibt es doch einige Blüten, so Katzen-Aschebestattung in Urnen in Katzenform. Vgl. Jürgen Stahl: Tierbestatter organisiert Abschied in Würde. In: Der Westen 17.9.2009. ↑
- Historisches dazu bei Udo Friedrich: Menschentier und Tiermensch, Diskurse der Grenzziehung und Grenzüberschreitung im Mittelalter. Göttingen 2009 (Historische Semantik, Schriften zur quantitativen Betriebswirtschaftslehre, 5). ↑
- So war Ernst Haeckel der Auffassung, abgeleitet aus der Allheit alles Organischen und dem „Kampf ums Überleben“, geistig schwer kranke und körperlich sieche Menschen stünden physisch bzw. psychisch unter den gesunden Tieren, zum Beispiel den Affen. Er forderte z.B. „spartanische Selektion“. – Vgl. Ernst Haeckel: Die Lebenswunder. Gemeinverständliche Studien über Biologische Philosophie. Ergänzungsband zu dem Buche über die Welträthsel. Stuttgart 1904. – Ders.: Ewigkeit. Weltkriegsgedanken über Leben und Tod, Religion und Entwicklungslehre. Berlin 1915. ↑
- Vgl. Jane Redlin: Säkulare Totenrituale. Totenehrung, Staatsbegräbnis und private Bestattung in der DDR. Berlin 2009. – Horst Groschopp: Weltliche Trauerkultur in der DDR. In: Weltliche Bestattungskultur. Hg. v. d. Humanistischen Akademie Berlin. Berlin 2002, 6. Jg., H. 11, S. 41–43 (= ha). ↑
- Vgl. Redlin: Säkulare Totenrituale, S. 238–241. ↑
- Vgl. Jürgen Hartmann: Staatszeremoniell. Köln, Berlin, Bonn u.a. 1990 (4. Aufl. 2007). – Insa Eschebach: Öffentliches Gedenken. Deutsche Erinnerungskulturen seit der Weimarer Republik. Frankfurt a.M. u. New York 2005. – Astrid Erll: Kollektives Gedächtnis und Erinnerungskulturen. Eine Einführung. Stuttgart u. Weimar2005. ↑
- Als ein Fortschritt kann hier das Verfahren der Bundeswehr gelten, entweder vor einem Einsatz die Soldatinnen und Soldaten vorsorglich und / oder nach einem Todesfall die nächsten Angehörigen nach den Ritualwünschen zu befragen – und nicht (mehr) von vornherein im Kircheninteresse zu handeln. ↑
- Ein Kunstmuseum, Heimstatt dort präsentierter säkularer Andachtsobjekte, ist für alle da, eine Kirche für christliche Gottesdienstbesucher, für die dortige Kunstobjekte „heilige Symbole“ sind. Eine Kirche kann außerhalb der Gottesdienste ein Kunstmuseum sein und die gleichen Objekte sind dann „profan“. Doch in keinem Kunstmuseum würde man ein Kunstwerk anbeten, auch wenn es eine Madonna zeigt. Theater zeigen andere Inszenierungen als Gottesdienste es sind. Das Spektakel von Oberammergau ist eine Show, kein Gottesdienst. ↑
- Hier wie an anderen Stellen folgt der Autor wesentlichen Aussagen der „Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal“ und verweist auf die umfänglichen und überaus lehrreichen Publikationen des „Zentralinstituts für Sepulkralkultur“ in Kassel (vgl. http://www.sepulkralmuseum.de/), eingeschlossen den Beitrag von Reiner Sörries in diesem Band. ↑
- Der Sargzwang ist gelockert und in einigen Orten mit hohem Zuwandereranteil mit muslimischen Kulturtraditionen gänzlich abgeschafft. Am 16.2.09 berichtete Bastian Föst aus Siegen auf „DerWesten.de“ unter der Überschrift „Abendländische Bestattungskultur“ über dortige Bestrebungen, den Sargzwang aufzuheben: „Rund 6000 Muslime leben in Siegen, einige von ihnen schon seit fast einem halben Jahrhundert. Bestattet werden wollen viele von ihnen jedoch in der alten Heimat. Ein Grund: In Siegen herrscht Sargzwang. Eine Beisetzung nach muslimischem Ritus – in einem Leichentuch – ist nicht gestattet.“ Vgl. Der Westen. 16.2.2009.↑
- Vgl. http://www.tag-des-friedhofs.de ↑
- „Wer nicht wirbt, stirbt“, so lautete der Titel einer Konferenz des „Kuratoriums für Bestattungskultur“ Ende September 2009 in Berlin, die ein größeres Medienecho fand mit Schlagzeilen wie „Wirb oder stirb“ oder „Im Ferrari-Sarg ins Jenseits“. In den Berichten wurde deutlich, dass eine entwickelte Bestattungsindustrie auf einen Markt reagiert, der sich an die Hinterbliebenen von jährlich 840.000 Gestorbenen richtet. Da auf diesem Markt auch ethische Regeln zu beachten sind, spricht der „Zentralverband der Deutschen Werbewirtschaft“ (Berlin und Brüssel) von einer „ALDIsierung der Bestattungskultur“ und einem „Werbespagat“. Er hat spezielle Empfehlungen für diesen Markt ausgesprochen unter dem Titel „Die Werbekultur des Abschieds. Bestattungsgewerbe und kommerzielle Kommunikation“. – Vgl. http://www.zaw.de/doc/Ueber_die_Werbekultur_des_Abschieds.pdf (Zugriff am 5.10.2009). ↑
- Vgl. Raum für Tote. Die Geschichte der Friedhöfe von den Gräberstraßen der Römerzeit bis zur anonymen Bestattung. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal u. dem Zentralinstitut für Sepulkralkultur. Braunschweig 2003. – Grabkultur in Deutschland. Geschichte der Grabmäler. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal u. dem Zentralinstitut für Sepulkralkultur. Berlin 2009. ↑
- Vgl. Tade Matthias Spranger: Die Beschränkungen des kommunalen Satzungsgebers beim Erlaß von Vorschriften zur Grabgestaltung. Berlin 1999 (Schriften zum Öffentlichen Recht, 782). ↑
- Vgl. zu diesen Beispielen den Beitrag von Stephan Hadraschek in diesem Band. – Auch ist auf einige Internetangebote wie das Trauerportal Memosite.de, das Infoportal Tod-und-Trauer.de und andere hinzuweisen, die ebenfalls das Thema Bestattungskultur behandeln und „Erinnerungsschaukästen“ einrichten. Darauf bezogen wäre auch der Nutzen eines HVD-eigenen Portals, einer eigenen (kostenpflichtigen) „Memory-Hall of Humanists“ und / oder der Anschluss an eines der neueren virtuellen Trauerportale zu prüfen. ↑
- Vgl. Christian Sprang u. Matthias Nöllke: Aus die Maus. Köln 2009. – Der HVD Berlin hat von Klaus Blumenthal-Barby dessen Sammlung von Beileidskarten übernommen, eine Wanderausstellung erstellt und diese erstmals 2004 in Berlin und dann 2009 in Hannover und Stuttgart gezeigt. ↑
- Vgl. faz.net (Link nicht mehr zugänglich). ↑
- Vgl. Klaus Dirschauer: Herzliches Beileid. ein kleiner Knigge für Trauerfälle. München 2009. ↑
- Der bürgerliche Tod. Städtische Bestattungskultur von der Aufklärung bis zum frühen 20. Jahrhundert. Hg. von Claudia Denk u. John Ziesemer. Regensburg 2007 (ICOMOS, Hefte d. Deutschen Nationalkomitees, XLIV). ↑
- Ruhegemeinschaften, „Grabgemeinschaftsanlagen mit gärtnerischer Pflege“ u.a. sind neue Versuche. „Urnenpyramiden“ eher noch eine gute Idee als wirkliche Praxis. Das gilt auch für „Grab-WG’s“. Dazu vgl. Ewa Kalwa: Grab-WG statt grüner Wiese. In: Der Tagesspiegel, Berlin, 23.11.2008. ↑
- Wenn im Kriminalfilm ein Opfer begraben wird (Sarg, keine Urne!), steht meist ein Pfarrer am offenen Grab. ↑
- Vgl. Ulrich Nanko: Religiöse und weltliche Feste. In: Feste und Feiern, hg. v. d. Humanistischen Akademie Berlin, Berlin 1998, 2. Jg., H. 2, S. 28–33 (= ha). – Horst Groschopp: Alles ist weltlich. Anmerkungen zum Begriff der „Weltlichkeit“ in Bezug auf die säkulare Bestattungs- und Trauerkultur. In: Ludwig Feuerbach, hg. v. d. Humanistischen Akademie Berlin, Berlin 2005, 9. Jg., H. 16, S. 103–114 (= ha). ↑
- Vgl. hierzu auch das Vorwort zu diesem Band. ↑
- Martin Buber: Das dialogische Prinzip. Heidelberg 1973, S. 185. ↑
- Vgl. Martina Görke-Sauer: Trauerrituale. Abschied gestalten. Düsseldorf 2008. ↑
- Der Dokumentarfilm stammt von Christian Modehn, berichtet über den HVD Berlin und wurde zuletzt am 28. Oktober 2007 auf Phoenix ausgestrahlt. Der Autor hat sich hierzu umfänglich in Form einer Filmkritik geäußert. ↑
- Das aus dem Sanskrit übernommene Wort bezeichnet einen Kreis mit einem Zentrum (oder auch ein Quadrat). Mandalas sind vielfältig farbig, ursprünglich buddhistische bzw. hinduistische Symbole. ↑
- Auch aus eigenem Erleben kann bestätigt werden: Nirgends wird so oft und so ausgiebig gelacht wie auf solchen Familienfeiern. ↑
- Vgl. Andreas Feuerborn: Der Status der menschlichen Asche. In: Verarmt, verscharrt, vergessen? Hg. von Kerstin Gernig. Düsseldorf 2008, S. 55–62. ↑
- Auch wenn einige Bundesländer in den letzten Jahren hier Änderungen vorgenommen oder neue Gesetze verabschiedet haben, der Friedhofszwang für Urnen ist geblieben. ↑
- Man kann durchaus von einer Renaissance der Kolumbarien sprechen, besonders von einer Zunahme ihrer Variabilität. Bisherigen Urnenstätten in speziellen Gebäuden werden derzeit solche in ehemaligen Grüften, stillgelegten Mausoleen und speziell errichteten Wänden hinzugefügt. – Zur Geschichte der Kolumbarien vgl. Henning Winter: Ein Kuriosum der sepulkralen Architekturgeschichte um die Jahrhundertwende: Das patentierte „Kremato-Kolumbarium System Marsch“ und seine architektonische Umsetzung in Gera. In: Vom Reichsausschuss zur Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal, hg. von Reiner Sörries, Kassel 2002, S. 35–48 (Kasseler Studien zur Sepulkralkultur, 9). ↑
- Die „Deutsche Bischofskonferenz“ hat zu solchen Unternehmungen im September 2008 ihr Einverständnis gegeben, vgl. Vgl. Christliche Bestattungskultur. Orientierungshilfe. ↑
- Dabei geht es auch um die Verwendung chemischer Gifte auf Friedhöfen etwa gegen Ratten. Hier hinein fällt auch das im Internet von Betroffenen viel diskutierte Problem der Kollision des Artenschutzes mit der Grabpflege am Beispiel des Maulwurfs. ↑
- Bei der herkömmlichen Erdbestattung wird der Sarg etwa zwei Meter tief versenkt – zu tief für eine schnelle Verrottung. ↑
- Die „Süddeutsche Zeitung“ (Netzausgabe, 18.9.2009) berichtet über den Fund der Asche von zwei 1975 bei einem Reaktorunfall verunglückten Arbeitern, die im Endlager Asse als Atommüll entsorgt wurde. ↑
- Vgl. auch hier den Beitrag von Stephan Hadraschek in diesem Band. ↑
- Vgl. Christine Aka: Unfallkreuze. Trauerorte am Straßenrand. Berlin 2007. ↑
- Vgl. Bestattungskultur – Zukunft gestalten. Hrsg. v. Kerstin Gernig im Auftrag des Kuratorium Deutsche Bestattungskultur e.V. und der Deutschen Bischofskonferenz. 2. Aufl., Düsseldorf 2007. ↑
- Bundesweite Zahlen gibt es dazu noch nicht. In NRW musste 2005 die Kommunen 6,6 Millionen EURO aufbringen, 2008 bereits 13,3 Millionen. Zu den Leistungen gehören Sarg, Sargträger, Blumenschmuck und Grabredner, jedoch nicht die regelmäßige Grabpflege. ↑
- Ulrike von Leszczynski: Armut verfolgt bis ins Grab. In: Neues Deutschland vom 18.1.2010, S. 13. ↑
- Vgl. Mindeststandards und Strukturdebatte im Friedhofswesen. Hg. von der Arbeitsgemeinschaft Friedhof und Denkmal e.V. Kassel 2008. ↑
- Der entsprechende Link auf “bestatter.de” wurde gelöscht. ↑
- Vgl. Hubert Cancik: Humanistische Begründung humanitärer Praxis. In: Humanismusperspektiven, hg. von Horst Groschopp, Aschaffenburg 2010, S.11ff. (Schriftenreihe der Humanistischen Akademie Deutschland, 1). ↑
Quelle Text:
Horst Groschopp: Humanistische Bestattungskultur. Ein Annäherungsversuch. In: Humanistische Bestattungskultur, hrsg. von Horst Groschopp, Aschaffenburg: Alibri Verlag 2010, S. 139–176 (Schriftenreihe der Humanistischen Akademie Deutschland, Bd. 2).
Quelle Bilder:
Horst Groschopp Privatarchiv