Eine erschreckende Bilanz

Eine erschre­cken­de Bilanz

Hand­buch Reli­gi­ons­kun­de in Deutsch­land. Hrsg. von Wan­da Alberts, Horst Jung­in­ger, Katha­ri­na Neef und Chris­ti­na Wös­te­mey­er. Ber­lin und Bos­ton: Ver­lag Wal­ter de Gruy­ter 2023, 522 S.

Das vor­lie­gen­de Werk, erschie­nen im ers­ten Quar­tal 2023 und auf der Inter­net­sei­te des Ver­la­ges kos­ten­frei in der pdf-Ver­si­on her­un­ter­lad­bar zum per­sön­li­chen Gebrauch, ist eine Gemein­schafts­pro­duk­ti­on von reli­gi­ons­wis­sen­schaft­li­chen For­schungs- und Lehr­ein­rich­tun­gen in Han­no­ver und Leip­zig, ergänzt durch zahl­rei­che wei­te­re Exper­tin­nen und Exper­ten zu ein­zel­nen Themen.

Ende Febru­ar gab die Mit­her­aus­ge­be­rin Wan­da Alberts dem „Deutsch­land­funk“ ein Inter­view, das als Pod­cast und inzwi­schen auch ver­schrift­licht vor­liegt. Dar­in bezeich­net sie nicht nur den Zustand der reli­gi­ös unab­hän­gi­gen Reli­gi­ons­kun­de als „erschre­ckend“. Sie geht in ihrem Urteil weit über die Kri­tik an einem Desi­de­rat hin­aus und bemän­gelt die weit­ge­hen­de Leer­stel­le einer säku­la­ren Per­spek­ti­ve auf Reli­gi­on im deut­schen Bil­dungs­sys­tem.[1] Mehr noch, da wo Reli­gi­ons­kun­de unter die­sem Namen auf­tritt, „basiert sie meist auf expli­zit oder impli­zit theo­lo­gisch-nor­ma­ti­ven, phi­lo­so­phisch-uni­ver­sa­li­sie­ren­den oder reli­gi­ons­kri­ti­schen Per­spek­ti­ven. Die empi­ri­sche Erfas­sung geleb­ter und gesell­schaft­lich ver­han­del­ter Reli­gi­on in reli­gi­ons­über­grei­fen­der, säku­la­rer, d.h. nicht reli­gi­ons­af­fir­ma­ti­ver und nicht reli­gi­ons­kri­ti­scher, Per­spek­ti­ve kann in Deutsch­land bes­ten­falls als sel­te­ne Aus­nah­me bezeich­net wer­den.“ (S. V f.)

Das Erschre­cken­de an die­ser Bilanz ist das unhin­ter­frag­te Fest­hal­ten an einem von der Wirk­lich­keit über­hol­ten Reli­gi­ons- und Reli­gi­ons­un­ter­richts­ver­ständ­nis. Die enge Ver­qui­ckung von Reli­gi­on und Staat sowie Kir­che und Schu­le zeigt sich in eben die­ser Ver­hin­de­rung einer wis­sen­schaft­li­chen Sicht auf Reli­gio­nen im deut­schen Schul­sys­tem. Die auf Tren­nung gerich­te­ten Novem­ber­edik­te in der Revo­lu­ti­on 1918 wur­den nach weni­gen Wochen zurück­ge­nom­men, wichen 1919 einem Schul­kom­pro­miss und wur­den nie mehr in die­ser Kon­se­quenz umge­setzt, gar gedacht – von der DDR abge­se­hen, wo die KPD unmit­tel­bar nach Kriegs­en­de, ab 1946 die, unter­stützt von der Sowje­ti­schen Mili­tär­ad­mi­nis­tra­tio­n­an das Pro­gramm der USPD von 1918 anknüpf­te. Die seit den 1890er Jah­ren von kul­tu­rel­len Bewe­gun­gen unter­nom­me­nen Ver­su­che einer rein ethisch ori­en­tier­ten Reli­gi­ons­kun­de als Unter­richts­fach (statt Reli­gi­ons­un­ter­richt bzw. alter­na­tiv) blie­ben weit­ge­hend wir­kungs­los, Res­te wur­den im Natio­nal­so­zia­lis­mus zerschmettert.

Ange­sichts die­ser ver­track­ten bil­dungs­ge­schicht­li­chen Situa­ti­on ist das „Hand­buch“ eine Sen­sa­ti­on, ver­steht sich der freie Ver­trieb der pdf-Fas­sung an alle Inter­es­sen­ten als Auf­klä­rungs­ar­beit. Den Spen­dern sei Dank. Das eben­so umfang­rei­che wie tief­grün­di­ge „Hand­buch“ ana­ly­siert den aktu­el­len Stand die­ses Unter­richts, ein­ge­schlos­sen die Situa­ti­on in den 16 Bun­des­län­dern und mit Sei­ten­bli­cken auf Öster­reich und die Schweiz sowie Rück­bli­cken auf das Kai­ser­eich, die Wei­ma­rer Repu­blik, den Natio­nal­so­zia­lis­mus und die DDR.

Dem Bei­trag zur DDR ist anzu­mer­ken, dass er von einer Ber­ner Reli­gi­ons­wis­sen­schaft­le­rin (Anja Kirsch) geschrie­ben wur­de, die sich nicht auf die über ein hal­bes Jahr­hun­dert ab 1948 gepfleg­te deutsch-deut­sche Ver­bis­sen­heit und die Abrech­nun­gen mit der DDR nach 1989 mit ihrem Fach Staats­bür­ger­kun­de ein­lässt. Es domi­niert nicht nur erfreu­li­che Sach­lich­keit. Die Autorin kommt sogar zu einem „unge­heu­er­li­chen“ Schluss, dem „Anwen­dung“ zu gön­nen ist:

Für die Reli­gi­ons­wis­sen­schaft bil­det die Staats­bür­ger­kun­de ein his­to­ri­sches Bei­spiel für einen Welt­an­schau­ungs­un­ter­richt, mit dem die For­schung zu Reli­gi­ons­kun­de und ‘Alternativ’fächern um die Per­spek­ti­ve auf Model­le der Erzie­hung zur Säku­la­ri­tät ergänzt wird … Deren For­schungs­po­ten­zia­le sind mit der DDR bei wei­tem noch nicht aus­ge­schöpft.“ (S. 106, kur­siv im Ori­gi­nal) Der von der Autorin ange­reg­te Ver­gleich mit ande­ren sozia­lis­ti­schen Län­dern in die­sen Fra­gen könn­te Erstaun­li­ches zuta­ge för­dern, näm­lich vor allem die ver­tei­dig­te Son­der­stel­lung der DDR in Kul­tur- und Bil­dungs­fra­gen beson­ders gegen­über der Sowjet­uni­on und eini­ge Ähn­lich­kei­ten etwa zu Est­land und dem tsche­chi­schen Teil der ČSSR. Es wäre dies auch ein Zugang zu den geför­der­ten Ritua­len wie etwa Jugend­wei­hen und säku­la­re Bestattungen.

Schon der von Chris­ti­na Wör­s­te­mey­er vor­ge­leg­te sys­te­ma­ti­sche Über­blick im „Hand­buch“ über den Reli­gi­ons- und ethik­be­zo­ge­nen Unter­richt in der Bun­des­re­pu­blik gibt einen pro­fun­den Ein­blick in den Sach­stand. Ihre Bilanz ist, es sei wie­der­holt, ernüch­ternd. (beson­ders S. 48 ff.) Die Schluss­fol­ge­rung der Autorin läuft auf einen Arbeits­auf­trag hin­aus. Die Reli­gi­ons­wis­sen­schaft müs­se ihr Ver­hält­nis zur Phi­lo­so­phie klä­ren. Eigent­lich müss­te das hei­ßen: zu den Phi­lo­so­phien, weil ja auch Reli­gi­on nur in der Mehr­zahl vor­kommt – Reli­gio­nen. Das Haupt­pro­blem sieht hier der Rezen­sent in dem vom „Hand­buch“ nach­ge­wie­se­nen Befund, dass in der Mehr­zahl Phi­lo­so­phie das Refe­renz­fach für Ethik ist und des­halb weit­ge­hend die Kul­tur­di­men­si­on fehlt, die eine „Lebens­kun­de“ aus­zeich­net und Reli­gi­ons­kun­de zu lie­fern vermag.

Die Schwie­rig­keit, einen Über­blick des Ist-Stan­des zu bekom­men und die­sen dar­zu­stel­len, ergibt sich aus der deut­schen Rechts­si­tua­ti­on in Bil­dungs­fra­gen. Das Grund­ge­setz regelt nur die all­ge­mei­nen Bedin­gun­gen und in Sachen Reli­gi­on greift es wesent­lich auf die Wei­ma­rer Reichs­ver­fas­sung von 1919 zurück. Bei allen Kul­tur­ange­le­gen­hei­ten leis­tet sich die Bun­des­re­pu­blik den Luxus von 16 Gesetz­lich­kei­ten – jedes Bun­des­land besitzt eine eige­ne. Das blo­ckiert alle Reform­an­stren­gun­gen gera­de in Sachen Reli­gi­ons­kun­de, aber auch Ethik.

Zum einen stellt das „Hand­buch“ in die­sem Bezug lapi­dar fest: „Für Reli­gi­ons­kun­de, wenn sie als von reli­giö­sen Insti­tu­tio­nen unab­hän­gi­ger Unter­richt ver­stan­den wird, gibt es drei Orte: die Alter­na­tiv­fä­cher zu kon­fes­sio­nel­lem Reli­gi­ons­un­ter­richt (soweit Reli­gi­on dar­in the­ma­ti­siert wird), das Fach Lebens­ge­stal­tung, Ethik und Reli­gi­ons­kun­de (LER) in Bran­den­burg und einen klei­nen Bereich des inte­gra­ti­ven Ethik­un­ter­richts in Berlin.“

Das heißt im Klar­text und his­to­risch betrach­tet, den Unter­richt in „Lebens­kun­de“ des „Huma­nis­ti­schen Ver­ban­des Ber­lin-Bran­den­burg“ und in „Huma­nis­ti­scher Lebens­kun­de – Freie Reli­gi­on“ in Hes­sen durch die dor­ti­ge „Huma­nis­ti­sche Gemein­schaft“ (die zum HVD gehört) unter Fall eins gerech­net (vgl. S. 36): Es gibt eine sol­che Reli­gi­ons­kun­de in einem klei­nen Teil des ehe­ma­li­gen Preu­ßen, in dem es in den 1920er Jah­ren sol­che Ver­su­che gab, etwa an „welt­li­chen Schu­len“, und in Hes­sen, wo der Geschichts­kon­text noch auf­zu­klä­ren ist.

Zum ande­ren stellt die hete­ro­ge­ne Lage die Her­aus­ge­ber des „Hand­bu­ches“ vor die Auf­ga­be, sich in jedem ein­zel­nen der 16 Bun­des­län­der auf Spu­ren­su­che zu bege­ben. Dies durch­de­kli­niert zu haben, ist eine wich­ti­ge Leis­tung. Dass dabei eine Durch­sicht des Faches Ethik her­aus­kommt, ent­spricht der Absicht. So ent­steht nicht nur ein kla­res Bild sei­ner Benach­tei­li­gung gegen­über dem Reli­gi­ons­un­ter­richt, son­dern auch sei­ner Fer­ne von Reli­gi­ons­kun­de, gewis­sen Will­kür­lich­kei­ten sei­ner Inhal­te, das Feh­len uni­ver­si­tä­rer Stu­di­en­gän­ge als Vor­aus­set­zung für die Lehr­kräf­te, Bezug­nah­me (wie schon gesagt) vor­ran­gig auf Phi­lo­so­phie und vor allem: Letzt­lich unkla­re recht­li­che Rah­men­be­din­gun­gen, die eine Eman­zi­pa­ti­on des Faches ver­hin­dern. Es liegt im kirch­li­chen Inter­es­se, die­sen Sta­tus und die Klein­staa­te­rei so zu belas­sen. Eine Ände­rung ist nicht wis­sen­schaft­lich, son­dern nur poli­tisch zu erreichen.

Dort, wo Ethik eini­ger­ma­ßen eta­bliert ist (von den Inhal­ten ein­mal abge­se­hen, in denen Huma­nis­mus höchs­tens als Ver­gan­gen­heit vor­kommt), han­delt es sich in der Regel um wider­wil­li­ge und not­ge­drun­ge­ne Reak­tio­nen auf Wün­sche von Eltern, die sich den Kir­chen ent­frem­det haben und die nicht wol­len, dass ihre Kin­der reli­gi­ös indok­tri­niert wer­den. Wenn hier viel erreicht wur­de, dann gilt der Sta­tus eines Ersatz­pflicht­fa­ches. Aber schon der Aus­druck „Ersatz“ zeigt den dis­kri­mi­nie­ren­den Sta­tus; was für Ost­deutsch­land bedeu­tet: Die Rück­erobe­rung der Schu­le durch die Kir­chen ist erfolgt, aber wenigs­tens Ethik als Ersatz­pflicht oder sogar Wahl­pflicht­fach erreicht. (vgl. das Tableau für ganz Deutsch­land, S. 32 f.)

Zugleich ver­wei­sen die Län­der­be­rich­te eher neben­bei auf die Zunah­me isla­mi­scher Reli­gi­ons­an­ge­bo­te in den Schulen.

Auch hin­sicht­lich der Gestal­tung wird das Hand­buch sei­nem Anspruch gerecht: Ein­lei­tun­gen und Zusam­men­fas­sun­gen, Über­blicks­gra­fi­ken und jedes Kapi­tel hat eine eige­ne Lite­ra­tur­lis­te. Es gibt ein gut ori­en­tie­ren­des Sach­re­gis­ter. Eine Autoren­lis­te wäre nütz­lich gewe­sen. Es hät­te die erfreu­li­che Mehr­zahl weib­li­cher Autoren (16:8) plas­ti­scher gemacht.

Zum Abschluss eini­ge kri­ti­sche Anmer­kun­gen zur Geschich­te die­ses Unter­richts und damit zu dem Bezug auf die „Deut­sche Gesell­schaft für ethi­sche Kul­tur“ (DGEK; Okto­ber 1892 bis Janu­ar 1937).[2] Es fällt auf, dass im Abschnitt über das Kai­ser­reich Katha­ri­na Neef in ihrem Urteil über die DGEK sug­ge­riert, sich hier weit­ge­hend an Susan­ne Enders ori­en­tiert zu haben. Das ist stim­mig hin­sicht­lich der dem Buch von 2002 fol­gen­den Fest­stel­lung,[3] die DGEK habe „einen auf uni­ver­sel­len Sit­ten­ge­set­zen basie­ren­den Moral­un­ter­richt“ ein­füh­ren wol­len. (S. 69) Die meis­ten Autoren in der DGEK schätz­ten reli­giö­se Wert­vor­stel­lun­gen hoch ein. Deren Bes­tes soll­te auf­ge­ho­ben wer­den in einer säku­lar ver­stan­de­nen ethi­schen Kul­tur. Gera­de Georg von Gizy­cki, der Haupt­grün­der, bemüh­te sich um eng­li­sche Quel­len, woll­te Ethi­sches dort herausfiltern.

Die Autorin meint aller­dings, die ethi­sche Kul­tur­be­we­gung habe einen „pan­the­is­ti­schen Ansatz“ gehabt. Die­ser stam­me aus dem US-Her­kunfts­mi­lieu, den dor­ti­gen unita­ri­schen Ver­ei­ni­gun­gen. Er sei über­nom­men wor­den. Sie beruft sich hier auf einen Enders-Text von 2006. (eben­falls S. 69) Die­ser ist weit­ge­hend die Kurz­fas­sung eini­ger Pas­sa­gen ihres Buches von 2002. Nach Ver­gleich ihres Tex­tes von 2006 mit der im „Hand­buch“ vor­find­li­chen Text­stel­le ergibt sich, dass die Kon­sta­tie­rung von Pan­the­is­mus und Unita­rier­mi­lieu nicht von Enders stammt.

Die inne­ren Wech­sel­wir­kun­gen in Nord­ame­ri­ka, die zur dor­ti­gen ethi­schen Bewe­gung führ­ten, sind nicht unter­sucht, jeden­falls nicht in der deutsch­spra­chi­gen wis­sen­schaft­li­chen Lite­ra­tur prä­sent. Es ist aber fest­zu­stel­len, dass der Ein­fluss des „Huma­nis­mus der Juden“ auf das Reli­gi­ons- und Huma­nis­mus­ver­ständ­nis der DGEK, sowohl des ein­hei­mi­schen wie des ame­ri­ka­ni­schen, sehr groß war. Der Hin­weis auf die­se Her­kunft stammt vom frei­den­ke­ri­schen nor­we­gi­schen Phi­lo­so­phen Finn­ge­ir Hiorth. Man habe in den USA die libe­ra­le und ethi­sche Bewe­gung um Felix Adler so bezeich­net, führ­te er 1996 in einer Stu­die aus.[4]

Adler kam aus dem deut­schen Reform­ju­den­tum, eta­blier­te 1876 in New York die „Socie­ty of Ethi­cal Cul­tu­re“ und trug 1890/1892 ent­schei­dend zur Grün­dung der DGEK bei. Er lehr­te schließ­lich 1902 (bis 1918) poli­ti­sche und sozia­le Ethik an der Colum­bia Universität.

Es ist in die­sem Zusam­men­hang auf eine Fehl­stel­le im „Hand­buch“ zu ver­wei­sen, die mit dem nicht erwähn­ten Rudolph Pen­zig zusam­men­hängt, der ab 1895 für die Kin­der der Mit­glie­der der DGEK in Ber­lin eini­ge Jah­re Unter­richt in Reli­gi­ons­kun­de erteil­te. Er wur­de schließ­lich zur füh­ren­den Figur der DGEK und zum Exper­ten für Reli­gi­ons- und Lebens­kun­de. Im August 1921 bat ihn der dama­li­ge preu­ßi­sche Kul­tus­mi­nis­ter Kon­rad Hae­nisch um eine Denk­schrift, denn er woll­te für die nicht am Reli­gi­ons­un­ter­richt teil­neh­men­den Kin­der einen Ersatz ein­rich­ten. Pen­zig lie­fer­te prompt.

Am 22. Dezem­ber 1921 wur­den dar­auf­hin die Fächer „Lebens­kun­de“ und „All­ge­mei­ne Reli­gi­ons­kun­de“, wenn Eltern dies wünsch­ten – als ein­zi­ge Aus­nah­me vom ver­bind­li­chen Lehr­plan der preu­ßi­schen Volks­schu­len geneh­migt: „Es ist nur nach­ge­las­sen, daß den am Reli­gi­ons­un­ter­richt nicht teil­neh­men­den Kin­dern in den für Reli­gi­ons­un­ter­richt vor­ge­se­he­nen Stun­den Moral­un­ter­richt (Unter­richt in sitt­li­cher Lebens­kun­de, all­ge­mei­ne Reli­gi­ons­kun­de) erteilt wird.“[5]

Damit war Reli­gi­ons­kun­de wohl erst­mals in Deutsch­land ein legi­ti­mes Schul­fach, wenn auch ledig­lich als Ersatz­un­ter­richt. Pen­zig publi­zier­te 1927 als letz­tes Buch vor sei­nen abschlie­ßen­den „Erin­ne­run­gen“ sei­ne Denk­schrift von 1921 an den Minis­ter und sei­ne eige­nen Tex­te über Lebens­kun­de kurz vor und wäh­rend der Revo­lu­ti­on 1918/1919 in der „Welt­li­chen Schu­le“, der Bei­la­ge zur „Ethi­schen Kul­tur“.[6]

  1. Vgl. https://www.deutschlandfunk.de/religionswissenschaftlerin-alberts-zustand-der-religionskunde-erschreckend-dlf-934c3492-100.html [abge­ru­fen am 13.3.2023].
  2. Im Fol­gen­den wer­den Pas­sa­gen aus dem wahr­schein­lich im Som­mer 2023 bei Ali­bri erschei­nen­den Buch von Horst Gro­schopp und Eck­hard Mül­ler ver­wen­det: Aus der Ethik eine Reli­gi­on machen. Der prak­ti­sche Huma­nis­mus einer sozi­al­li­be­ra­len Kul­tur­be­we­gung.
  3. Vgl. Susan­ne Enders: Moral­un­ter­richt und Lebens­kun­de. Bad Heil­brunn 2002, S. 55–83.
  4. Vgl. Finn­ge­ir Hiorth: Huma­nis­mus – genau betrach­tet. Eine Ein­füh­rung. Neu­stadt am Rüben­ber­ge 1996, S. 21–25. – Vgl. S. 23: „Die Bewe­gung für ethi­sche Kul­tur wur­de auch der ‘Huma­nis­mus der Juden’ genannt, da sie vie­le Mit­glie­der hat­te, die aus dem Juden­tum kamen.“
  5. Felix Thee­gar­ten: Sam­mel­klas­sen und Sam­mel­schu­len für die nicht am Reli­gi­ons­un­ter­richt teil­neh­men­den Kin­der. Zusam­men­stel­lung der ein­schlä­gi­gen Minis­te­ri­al­erlas­se. 2. Auf­la­ge [Stand vom 15. Janu­ar 1927]. Ber­lin 1927, S. 28.
  6. Rudolph Pen­zig: Reli­gi­ons­kun­de und Lebens­kun­de in der welt­li­chen Schu­le. Frank­furt a. M. 1926 (das Werk erschien erst 1927).