Manfred Isemeyer stellte seinen Vortrag am 17. Mai 2014 in der Humanistischen Akademie unter das Motto, bezogen auf die Perspektiven des HVD, »Labor oder Museum«. Auf mich selbst bezogen folgere ich daraus die perspektivische Überschrift, künftig weiter im Labor zu assistieren oder den Anfang und das Ende der organisierten Freidenkerei zu erklären.
Wer weiß schon was wird: Abschied, Ruhestand, »Generationenwechsel« oder doch lieber Themenwende …? Jedenfalls fand am 16./17. Mai 2014 mein Ende der Dienstzeit (des Anstellungsverhältnisses beim HVD Berlin-Brandenburg) und das Loslassen des Direktors (siehe Interview mit Siegfried R. Krebs, einem ehemaligen Fernstudenten Kulturwissenschaft) beim hpd von der Humanistischen Akademie statt. Die offizielle Verabschiedungszeremonie ist als Video bei youtube zu sehen (großes Dankeschön dem Produzenten Frank Spade).
Der offizielle Eintritt ins Rentnerdasein geschah am 1. Juni 2014, sinnigerweise zum Kindertag. Dieses Fest zum Hoch-leben-lassen der Jüngsten (oder zur allgemeinen Erinnerung, dass es Kinder gibt) wird hier in Sachsen noch ordentlich begangen. Die im Osten sozialisierten Eltern erwarten das auch von der konservativen Regierung. In Berlin, wo ich über 45 Jahre lebte, ist man eher unentschieden, ob nicht doch wegen der Ost-Belastung des Festes der »Weltkindertag« am 20. September gefeiert werden soll. Das wäre mir dann zu spät gewesen. Vielleicht nimmt man irgendwann den 5. Mai, wie die Japaner, und lässt wie diese die Drachen bereits im Frühjahr steigen, was unsereins erst im Herbst macht – dabei sind die Frühlingswinde oft sogar stärker als die im Herbst. Doch wer lässt noch seinen Drachen auf abgeernteten Feldern steigen: Betreten verboten.
Etwas von »Lass Deinen Drachen steigen« (Pudhys, 1973 u. d. T.: »Geh zu ihr«) hatte der Abschluss schon, denn alle, die gekommen waren (der Saal war voll), wollten mir noch etwas Nettes sagen (allen großen Dank, besonders an Hubert Cancik, – siehe Gedicht und seiner Frau Hildegard, Manfred Isemeyer, Dietrich Mühlberg und Wilfried Seiring, von dem ein Brief verlesen wurde, und Thomas Heinrichs für schöne Fotos).
Ich wollte noch einmal »im Amt« etwas grundsätzlich mitteilen, eine Rede halten zu meinem Hauptthema der letzten Jahre, über Humanismus und dessen Perspektiven in der organisierten Freidenkerei, die der hpd (Dank an Frank Nicolai) freundlicherweise dokumentierte und deren Langfassung hier zu lesen und als Video im Netz zu sehen ist.
Zwei Veranstaltungen gaben den Rahmen und stehen jeweils für sich, erstens ein öffentliches Gespräch über das in Arbeit befindliche Handbuch »Humanismus: Grundbegriffe« mit den Herausgebern Hubert Cancik, Frieder Otto Wolf, meinem Akademiepräsidenten, auch ihm Dank, und meiner Person, der Abend unterhaltsam moderiert von Thomas Hummitzsch (des Danksagens ist kein Ende); und zweitens ein wissenschaftliches Kolloquium, in dem mein Dienstnachfolger als Mitarbeiter des Lebenskunde-Instituts und als Akademiedirektor, (soeben gewordener Dr.) Ralf Schöppner durch das Programm führte und auch den nachdenklichen Bericht darüber verfasste. Gratulation zur Promotion und zur Publikation der wirklich strategischen Fragen sowohl erstens der Referenten Carsten Frerk, Florian Baab und Andreas Fincke (allen auch hier Dank für deutliche Hinweise) und zweitens der Rede von Manfred Isemeyer und der darin aufscheinenden Kernfragen (Zitat Schöppner): »Soll Lebenskunde zukünftig in eigenen Einrichtungen (und nicht mehr an Schulen) oder aber nicht mehr in Regie des Verbandes, sondern als staatlicher Regelunterricht durchgeführt werden?« Ja, darum geht es im Einzelfall, aber grundsätzlich heißt es: Sozialbetrieb und / oder Weltanschauungsgemeinschaft – wie geht das zusammen, wie kann »Humanismuspflege« finanziert werden?
Der HVD-Bund veröffentlichte auf seiner Homepage eine Eloge auf mich (auch an Arik Platzek ein Danke; vgl. auch den Text in der Verbandszeitung diesseits, pdf-Datei im Anhang), über die ich mich als über die Maßen Gelobter, den guten Sitten entsprechend, nicht äußern will. Wann gibt es schon mal so viel salbendes Öl für einen in den Rentenstand gegangenen ehemaligen Präsidenten, der aus Gründen Anfang 2010 zurücktrat, die er nach wie vor für aktuell ansieht. Aber wohl alle alten Männer, die aus Ämtern scheiden, hinterlassen ihre trüben Prophezeiungen – … ach, was soll’s.
Des Lobes voll bin ich selbst, dass alle Redner die Realität beachteten und auch Gabriele Groschopp gedankt haben. Sicher produziert die »Zwickauer Humanismusmanufaktur« weiterhin, bevorstehend Band 5 der „Schriftenreihe“ der Bundesakademie mit dem Titel »Humanismus – ein offenes System«, Autoren sind Hubert Cancik und Hildegard Cancik-Lindemaier – aber was dann?
Nun ist dieser Dankes-Text stilistisch fast in die Nähe des Kirchenliedes »Danke für diesen guten Morgen« gekommen, das es 1963 mit dem »Botho-Lucas-Chor« für sechs Wochen in die deutschen Charts schaffte, zu einer Zeit, da ich in Zwickau Jugendweihe hatte (siehe hierzu meine Erinnerungen im Band »Leben mit und ohne Gott«). In diesem Lied wird neben anderen Unsinnigkeiten in der 3. Strophe gesungen:
»Danke für meine Arbeitsstelle,
danke für jedes kleine Glück.
Danke für alles Frohe, Helle und für die Musik.«
So meinen ehemaligen Arbeitgeber zu vergöttlichen grenzte dann doch an Blasphemie, zumal der Anreger für »das neue geistliche Lied« von Martin Gotthard Schneider 1961 die »Evangelische Akademie Tutzing« war. Was regt demnächst die Humanistische Akademie an – oder besser gesagt: Was regt sie auf?