(Mailand/Zwickau) Der auf dem deutschen Markt neue italienische „Mimesis Verlag“ hat den freidenkerischen Klassiker „Vom ‘Weißen Kreuz‘ zur ‘Roten Fahne’“ von 1929 (Malik-Verlag) neu herausgegeben und mit einem Vorwort von mir versehen, dass die neueren Befunde zur Biographie von Max Hoelz (1889–1933) und zur Werkgeschichte zusammenfasst.
Erich Mühsam verfasste 1920 den populären „Max Hoelz-Marsch“: „Genossen zu den Waffen“; hier ein charakteristischer Auszug:
Es lebe wer sein Leben gibt
fürs Proletariat
Doch unser Sieg ist nah
Max Hölz ist wieder da …
So stürmt Max Hölzens Garde
durchs Sachsenland daher
Der Bürger knickt zusammen
er sperrt den Geldschrank auf
Hölz präsentiert die Rechnung
mit dem Pistolenlauf …
Wer Hölzens Kopf zerschmettert
kriegt hunderttausend Mark
Ihr Mörder und ihr Spitzel
Zerstört die rote Saat …
„Vom ‘weißen Kreuz’ zur ‘roten Fahne’“ ist die 1929 erschienene Autobiographie des Rätekommunisten Max Hoelz, eine der faszinierendsten Figuren der deutschen Arbeiterbewegung. Sein Leben wurde zur Legende. Im ersten Teil des Buchs werden seine Jugendjahre, die Kriegstraumata und die atemberaubenden Aktionen dieses charismatischen Revolutionärs geschildert: Als Führer der Kampfgruppen organisiert er bewaffnete Anschläge auf Banken und Industrielle und verteilt das Geld an hungernde Arbeiter.
Sein Ruf als „Kesselheizer der Revolution“ in den Aufständen der frühen 1920er Jahre schüchtert die Bourgeoisie ein, auch wegen der Expropriationen. Zuweilen im Untergrund lebend steht Hoelz beim kleinsten Revoltefunken bereit und kämpft bei gefährlichen Operationen immer ganz vorn.
Der zweite Teil beschreibt seine acht Jahre im Zuchthaus. Auf fesselnden Seiten kommen die unmenschlichen Gefängnisbedingungen ans Licht, aber auch der tägliche Kampf, die Hungerstreiks sowie die internationale politische Solidarität. Nach acht Jahren Haft lässt man ihn frei dank einer großangelegten Kampagne und dem Aufruf führender Intellektueller (unter ihnen Bertolt Brecht, Martin Buber, Albert Einstein, Otto Dix, Thomas Mann).
Um die Figur Max Hoelz entstand im Laufe der Jahre ein regelrechter Mythos, der aus ihm eine Art neuen Robin Hood machte. Zugleich war er ein Frauenheld, der sich zu immer jüngeren Mädchen hingezogen fühlte. Er war jedoch viel mehr als das, wie diese außergewöhnlichen Erinnerungen belegen.
Die Autobiographie von Hoelz lässt die Atmosphäre des proletarischen Aufstandes in der Weimarer Zeit wieder aufflackern, die den Leser noch heute zu erschüttern und zu überraschen vermag.
Im Anhang abgedruckt ist die Anklagerede gegen die bürgerliche Gesellschaft, gehalten vor dem Moabiter Sondergericht am 22. Juni 1921 in Berlin: die Verteidigungsrede, in der die Ankläger zu den eigentlichen Angeklagten werden.
Als eigensinniger und impulsiver Kommunist der Tat ganz links außen wird Hoelz von der KPD-Führung zeitlebens beargwöhnt. Er ist ein temperamentvoller Rebell, dessen Leben über die Jahre verschiedene Rezeptionen erfahren hat, auf die das Vorwort ebenso ausführlich eingeht, wie auf Hoelz‘ nahezu gläubiges Verhalten zur Sowjetunion und zu Stalin. Die Umstzände seines Lebens sind noch immer ungeklärt, das Vorwort verweist auch hier auf die neueren Forschungsergebnisse.
Hier die Gliederung des Vorworts:
Biographie
Quellenlage
Das Buch
Die Widmung
Ausbildung zum Redner
Der Atheist
Körper- und Seelenbeherrschung durch Gymnastik
Sexuell aufgeklärter und familienresistenter Frauenheld
Arbeiter, Revolution, Kommunismus
Die Anklagerede vor Gericht
Aushängeschild der „Roten Hilfe“
Die letzten drei Jahre
Susanne Kiwitter: Der Zündelmax und die Vogtländer
Der legendäre Arbeiterführer Max Hoelz polarisiert auch 84 Jahre nach seinem Tod noch. In der brandneuen Auflage seiner Autobiografie kommt ein Kulturwissenschaftler zu Wort. Und der hat einen Rat für die Vogtländer.
In: Freie Presse, Ausgabe Vogtland, 18.09.2017 und dann dies noch:
Susanne Kiwitter: Expertenstreit um Max Hoelz” Tod: Wie belegt ist der Mord?
Der Name des Mörders sei bekannt, sagt der Auerbacher Hoelz-Kenner Peter Giersich und widerspricht damit dem Zwickauer Horst Groschopp, der in einem neuen Aufsatz von ungeklärter Todesursache spricht.
In: Freie Presse, Ausgabe Vogtland, 24.09.2017